Dushan-Wegner

02.11.2019

Naturschützer und Zitronenfalter

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild von Krzysztof Niewolny
Naturschützer hinterlassen einen Haufen Wohlstandsmüll im Naturschutzgebiet. Haben Sie mal die Händchen von Zitronenfaltern gesehen? Viel zu klein fürs Zitronenfalten!
Telegram
Facebook
𝕏 (Twitter)
WhatsApp

Eines Morgens, als der Meister und der Schüler auf dem Weg zum Markt waren und an einem Feld vorbeigingen, flog eine Taube hoch und flatterte nah über ihren Köpfen hinweg, so nah, dass sie den Luftzug in ihren Gesichtern spürten. Der Schüler erschrak.

»Was hast du gesehen?«, fragte der Meister.

»Die Taube über unseren Köpfen!«, sagte der Schüler.

Der Meister fragte weiter: »Was hast du gehört?«

»Den Flügelschlag der Taube!«

Der Meister fragte weiter: »Was hast du noch gehört?« 

»Nichts, Meister, nur den Flügelschlag der Taube.«

»Und wann hast du ihn gehört, diesen Flügelschlag?«

»Als die Taube über unseren Köpfen war!«

Der Meister sagte: »Du musst mehr lernen. Dann wirst du auch besser hören.«

Der Schüler fragte: »Ihr meint, ich soll lernen, besser hinzuhören?«

»Nein, nein«, sagte der Meister und schüttelte den Kopf, »du musst mehr lernen, jeden Tag mehr lernen. Dann wirst du besser sehen, und dann wirst du auch besser hören.« 

Die Katze aber, welche der Taube nachgestellt hatte, und welche der Meister zuvor entdeckt hatte, musste sich eine andere Taube zum Frühstück suchen – oder vielleicht eine Maus?

Rangierbahnhof und Lagerhallen

»Was hat der Mensch für Gewinn von all seiner Mühe, die er hat unter der Sonne? Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt; die Erde aber bleibt immer bestehen«, so schreibt Kohelet in der Rolle Salomo (Prediger 1:2-3). Die schriftlichen Spuren von Hamburg-Altenwerder reichen ins dreizehnte Jahrhundert zurück – damals war der Stadtteil eine Insel, durch eine Sturmflut im Jahr 1248 abgetrennt – doch es gibt Hinweise im Lehnregister des Klosters Corvey, dass es schon im neunten Jahrhundert eine Besiedelung von »Oldenwerdere« gegeben haben könnte. Altenwerder ist einer der Orte dieser Erde, der Menschen motiviert – aus diesen Gründen oder jenen – viel zu arbeiten, und Arbeit bedeutet dort und heute: Containerterminal, Rangierbahnhof, Lagerhallen und ernstzunehmende Industrie.

Was hat der Mensch für Gewinn von seiner Mühe? Nun, erst einmal sollte man die Mühe aufwenden, und dann wird man sehen, ob es einen Gewinn gibt (und ob sich der nur in Geld auszahlt). Doch, nicht alle wollen »Mühe« aufwenden. Zu denen, die einen Gewinn an Lust und oft auch Geld suchen, ganz ohne Mühe, zählen sogenannte »Naturschützer«.

Um noch mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, zu arbeiten, Mühe aufzuwenden und ihr täglich Brot zu verdienen, hat der Hamburger Senat (2016, also Rot-Grün) beschlossen, mehr Logistikflächen möglich zu machen, wofür eben auch Bäume gefällt werden müssen. (Siehe etwa welt.de 2.5.2016: »Mit den neu ausgewiesenen 45 Hektar in Altenwerder will die Wirtschaftsbehörde die Nachfrage nach Logistikflächen stillen.«)

Jener Teil der Gesellschaft nun, der nichts sät, nichts erntet, aber doch essen will, der von wenig eine Ahnung hat und doch immer alles besser weiß, dieser Teil nun protestiert gegen die Erweiterung der Logistikflächen.

Sie nennen sich »Naturschützer«, und bauen sich ein Baumhaus in der eigentlich streng geschützten Natur (bild.de, 18.10.2019). Dieser »Naturschutz« ist wie Pfadfinderspielen für junge Erwachsene, die fehlende Teile ihrer Kindheit nachzuholen versuchen.

Jedoch, einen wichtigen Unterschied zwischen »Naturschützern« und Pfadfindern gibt es: Uns Pfadfindern war es damals ein wichtiges Anliegen, jeden Lager-Ort so zu hinterlassen, wie wir ihn vorgefunden hatten, oder sogar noch besser, etwa wenn jemand anderes dort Müll oder Schäden hinterlassen hatte. Wenn dagegen die Naturschützer genug Spaß hatten und wieder ins Lehrer-Eltern-Zuhause gehen, um sich neues Taschengeld zu holen oder die Flöhe entfernen zu lassen, dann hinterlassen sie die Natur ganz und gar nicht so, wie sie diese vorgefunden haben!

Nachdem sieben sogenannte »Naturschützer« zwölf Tage lang »protestierten«, hinterließen sie nicht nur Holzabfall, sondern auch einen Haufen Wohlstandsmüll – den dann andere aufräumen müssen, mit viel Mühe.

»Die Arbeiter fanden unter anderem diverse Plastikkanister, Plastikflaschen (u.a. Bier und Ketchup), Einweggeschirr, Wäschekörbe (Plastik), Trassierband, eine alte Kochplatte, Isomatten, offene Rasierklingen und gefährlichen Nato-Draht.« (bild.de, 1.11.2019)

Angeblich wird man den gelangweilten Wohlstandskindern die mehrere Tausend Euro an Aufräumkosten in Rechnung stellen für ihren naturverdreckenden Abenteuer-Nahurlaub im Naturschutzgebiet – doch aus den Erfahrungen mit den Flüchtlingsbürgen, die dann doch nicht zahlen müssen, ahnen wir, dass es nicht so kommen wird. Der Linke hat den moralischen Rausch, die Gemeinschaft trägt die Kosten.

Saft, Kraft und Zitronen

Die alte Redensweise vom Gonepteryx rhamni, sie hat noch viel Saft und Kraft – anders als das besprochene Tier, das sollte man nicht auf Saftgehalt prüfen, das wäre grausam. Heute sagt man: Wer glaubt, dass Naturschützer die Natur schützen, der glaubt auch, dass Zitronenfalter die Zitronen falten.

Während man in Hamburg versucht, die durch Naturschützer entstandenen Naturschäden zu beseitigen, haben andere linksgrüne Lieblinge ganz andere Probleme.

Man hat ja Mitleid mit dem Kind Greta Thunberg, die benutzt, ausgenutzt und herumgereicht zu werden scheint, bis sie irgendwann kein Geld mehr für ihre »Handler« verdient (der Zeitpunkt naht), doch manchmal kann man sich auch ein Schmunzeln nicht verkneifen. Mit großem linksmedialen Getöse wurde Greta auf einer Millionärs-Rennjacht in die USA gefahren (siehe etwa welt.de, 6.8.2019). Bald wurde klar, dass die Aktion weit CO2-aufwändiger war, als wenn sie geflogen wäre (siehe etwa, ja, taz.de, 15.8.2019). Eigentlich wollte sie ja als Höhepunkt ihres »umweltschonenden« Segeltrips als Stargast die UN-Klimakonferenz in Chile besuchen, doch – ei der daus! – wegen der Unruhen in Chile wurde die UN-Klimakonferenz spontan nach Spanien verlegt. Die anderen Umweltschützer jetten eben weiter nach Europa, zahlt ja jemand anders, doch was soll die Greta tun? Irgendwie hatte »Per Anhalter durch die Galaxis« dann doch mehr Charme als »Per Anhalter über die Weltmeere, CO2 produzierend, um CO2 zu sparen und unreifes Zeug zu predigen«.

Auf Motorjachten urlaubend

Wenn wir uns über naturverschmutzenden Naturschützer aufregen, oder über die Strippenzieher hinter dem armen Kind Greta Thunberg, dessen Stern schon wieder sinkt (egal, sie hat den alten weißen Männern hinter ihr genug Geld eingebracht, eine neue Greta wird kommen), dann frage ich mich: Ärgern wir uns nicht zu spät? Sehen wir früh genug hin?

In der Geschichte vom Meister, Schüler und der flatternden Taube bemerkt der Schüler die Taube erst, als er den Schlag ihrer Flügel bereits im Gesicht spürt – der Meister hat aber bereits zuvor die Katze bemerkt, welche der Taube nachstellte, um sie zu fangen, und folglich ahnte er bereits, dass die Taube in die Höhe fliegen wird.

Was ist passiert – und schiefgelaufen – dass Phänomene wie die diversen naturzerstörenden Naturschützer überhaupt aufkommen können. Wir würden ja mit niemandem diskutieren, der sich mordend gegen Mord ausspricht, warum werden Naturschützer ernstgenommen, die umherfliegend das Fliegen verbieten wollen, kräftig CO2-produzierend die CO2-Produktion bestrafen wollen – oder, die wie mancher Schauspieler auf Motorjachten urlaubend uns armen Pöbel zur Bescheidenheit mahnt? (Wir müssen nicht, aber könnten durchaus, nochmal von den Wäldern anfangen, die für ach-so-ökologische Windkraft gerodet werden. Oder vom mindestens moralischen Ballast der Minen, in denen die Bestandteile der E-Auto-Batterien aus der Erde gekratzt werden.)

Der Greta-Windkraft-Baumhaus-Irrsinn ist wie der Flügelschlag der Taube, die wir im Gesicht spüren. Wer den Öko-Wahn verstehen will, der muss vielleicht nicht CO2-Quoten, Eisgletscher oder natürliche Schwankungen über die Jahrmillionen studieren, sondern etwa die »Psychologie der Massen«.

Was passiert, und warum es passiert, das können zwei sehr verschiedene Fakten sein. Nur wer versteht, warum etwas wirklich passiert, kann vorhersagen, wie es ausgehen wird. Es gilt auch weiterhin: Am Ende gewinnt immer die Realität. (Ich wurde darum gebeten, also gibt es den Spruch jetzt endlich als T-Shirt und Kapuzenpulli!)

Die Taube flattert

Wir können schmunzeln und uns manchmal auch aufregen über diese Leute, doch es wird uns wenig über die Welt lehren. Die Taube flattert, doch was ist es, das sie aufgeschreckt hat?

»Du musst mehr lernen. Dann wirst du auch besser hören«, so sagt der Meister in der Geschichte. Ja, sie wirken doof und widersprüchlich, diese Naturschützer, diese um die Welt-Segler, diese vielfliegenden Flugverbieter, doch was ist die Katze, welche diese Tauben in die Luft steigen ließ? Was sehen wir nicht, was hören wir nicht?

Eine alte Weisheit besagt: Harte Zeiten schaffen starke Männer. Starke Männer schaffen gute Zeiten. Gute Zeiten schaffen schwache Männer. Schwache Männer schaffen harte Zeiten. (In welchen Zeiten befinden wir uns jetzt – gilt dieser Kreislauf überhaupt noch?)

Dies sind dumme Zeiten – es liegt an uns, ob sie uns zu klugen Menschen machen.

Weiterschreiben, Wegner!

Danke fürs Lesen! Bitte bedenken Sie: Diese Arbeit (inzwischen 2,028 Essays) ist nur mit Ihrer Unterstützung möglich.

Wählen Sie bitte selbst:

Jahresbeitrag(entspr. 1€ pro Woche) 52€

Augen zu … und auf!

Auf /liste/ finden Sie alle Essays, oder lesen Sie einen zufälligen Essay:

Mit Freunden teilen

Telegram
Reddit
Facebook
WhatsApp
𝕏 (Twitter)
E-Mail

Wegner als Buch

alle Bücher /buecher/ →

Naturschützer und Zitronenfalter

Darf ich Ihnen mailen, wenn es einen neuen Text hier gibt?
(Via Mailchimp, gratis und jederzeit mit 1 Klick abbestellbar – probieren Sie es einfach aus!)