Dushan-Wegner

10.01.2018

Zimtkaffee und Wahnsinn

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten, Bild: Umberto Boccioni, »La città che sale« (1910)
Heute erfahren Sie, warum nur Elli etwas Zimt auf meinen Milchkaffee streuen darf – und warum wir stur wieder und wieder dieselben Fragen stellen sollten.
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Wenn der Abend zuvor nicht zu spät in die Nacht ging, oder zu früh in den Morgen gar, dann gelingt es mir des Öfteren durchaus, zwischen fünf und sechs Uhr morgens am Schreibtisch zu sitzen. Um solche Uhrzeit muss ich meinen Kaffee noch selbst herstellen, denn Elli und die Kinder schlafen noch. Elli weiß, wie man die Milch richtig aufschäumt, und sie streut immer Zimt darauf. Das macht den Kaffee, wie es bei »Two and a Half Men« heißt, »christmassy« – weihnachtlich, jeden Tag. Der Zimt soll es anstellen, heißt es, dass der Kaffee »wie Weihnachtsmorgen« schmeckt: Der Tag ist neu und alles ist möglich!

Aber gut, zwischen fünf und sechs Uhr holen sich die Kinder noch die letzten der gefühlt vierzehn Stunden Schlaf, was Kinder halt so brauchen; Elli holt sich, was Mütter an Schlaf gerade so abbekommen – und ich muss meinen eigenen Kaffee zubereiten. Es ist ein »Americano«, also einfach ein mit heißem Wasser gestreckter Espresso, mit einem Schluck Milch dazu. Kein Schaum. Kein Zimt. Ich habe auch schon selbst die Milch aufzuschäumen versucht – um diese Uhrzeit keine gute Idee. Ich will die Familie ja schlafen lassen und die Dampfdüse ist laut. Auch mir selbst Zimt über den eigenen Kaffee zu streuen, das würde ich gar nicht wagen. Ich käme mir dabei unanständig vor, den eigenen Kaffee mit Zimt abzurunden, unanständig und fast schon pro­mis­k. Nein, der Alles-ist-möglich-Zimt, das ist Ellis Privileg.

Mit meinem selbstgekochten, gestreckten Espresso samt Milch stapfe ich also durchs morgendunkle Haus und steige wieder die Treppen hoch, hin zu meinem Schreibtisch.

Ich setze erst die Kaffeetasse ab, dann mich hin und schließlich an, zu schreiben.

Berliner Fische

Der Kontrast zwischen meiner eigenen kleinen Welt und der großen Welt da draußen könnte am frühen Morgen kaum größer sein. Ich brauche diesen Kontrast. Der Fisch weiß nicht, was Wasser ist. Der Berliner weiß nicht, was Wahnsinn ist.

Es soll ein Merkmal des Wahnsinns sein, wieder und wieder dasselbe zu tun, und jedes Mal unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten. Ein solcher Wahnsinn erfordert eine neue Art der Vernunft! Es gilt ja in akademischen Zirkeln als schick und für Fördergelder und Veröffentlichungen auch als notwendig, immer wieder »neue« Fragen zu stellen. Es hilft uns wenig.

Als der biblische König Nebukadnezar einst ob seines Hochmuts wahnsinnig wurde, zwang man ihn, sich zurückzuziehen, und es war demütigend.

Er »wurde verstoßen aus der Gemeinschaft der Menschen; und er fraß Kraut wie die Rinder, und vom Tau des Himmels wurde sein Leib nass, bis sein Haar wuchs so groß wie Adlerfedern und seine Nägel wie Vogelklauen wurden.«
Daniel 4:30b

Heute verstoßen wir niemanden, nur weil sein Hochmut ans Wahnsinnige grenzt. Wir sind humaner, zivilisierter – so glauben wir es. Heute bekäme Nebukadnezar einen neuen Dienstwagen samt Diätenerhöhung.

Die heute notwendige Vernunft, die heute notwendige Waffe gegen den Wahnsinn scheint mir nicht eine flatterhafte und doch um sich selbst kreisende Neuigkeitssucht zu sein, sondern – auch – der Mut und die Kraft, wieder und wieder dieselben Fragen zu stellen.

Fragen gegen den Wahnsinn

Lasst uns laut fragen, auch weil es schon lange zum Weinen reicht. Lasst uns nicht müde werden, wieder und wieder dieselben Fragen zu stellen. Menschen sterben, weil diese Fragen nicht beantwortet werden. Wir müssen sie weiter fragen.

Etwa dies:

  • Warum schützt Deutschland seine Grenzen nicht?
  • Warum lagert die Regierung eine so wichtige Aufgabe des Rechtsstaats (Entscheidung über zulässige Meinungsäußerung) an private Firmen aus?
  • Was ist Islamismus?
  • Warum beschließen Merkel, Macron & Co. alleine, tausende Menschen aktiv aus Afrika nach Europa einzufliegen, ohne dass es zuvor eine echte Debatte in Bundestag und Gesellschaft dazu gibt? (1,2)
  • Die CDU spricht von »Resettlement und Relocation«, die SPD-nahe FES veröffentlicht ein Leitbild für die Einwanderungsgesellschaft, und die UN spekuliert über »Replacement Migration«. Das ist alles andere als trivial – warum wird das nicht öffentlich diskutiert, statt dessen nur die ewig gleichen Talkshows über Banalitäten abgespult?
  • Ist es nicht ein Skandal, wenn im Zwangsgebühren-TV die Tochter des ehemaligen Finanzministers und aktuellen Bundestagspräsidenten (Stand Anfang 2018) ein Phantasie-Horrorfilmchen produziert, das offensichtlich dazu dienen soll, die Opposition und Merkelkritiker zu diffamieren (und dabei das Gegenteil der sich abzeichnenden Realität darstellt)?
  • Warum wird noch immer von spitzenbezahlten Meinungsmachern der Begriff »Flüchtling« für alle Arten von Einwanderungswilligen verwendet, wenn nicht, um gezielt zu manipulieren?
  • Warum berichten deutsche ÖR-Nachrichten nicht davon, wenn in Brüssel von bürgerkriegsartigen Zuständen gesprochen wird – machen aber zugleich etwa Quasi-Werbung für ein Trump-Hasser-Buch, von dem der Autor selbst sagt, dass es eher »gefühlte Wahrheit« enthält?
  • Warum wird nicht über die in Europa speziell auch für Christen steigende Gefahr gesprochen? (z.B. wie hier in Frankreich oder hier in Berlin)

Markenäpfel

Ich könnte die Liste länger fortsetzen, aber Elli hat mir meinen »Zweitkaffee« gebracht, einen Kaffee mit festem Milchschaum und darauf Zimt, dazu einen geachtelten Apfel und ein Sandwich. Es ist übrigens ein Apfel der Marke »Pink Lady« also von der Sorte »Cripps Pink«. Das habe ich gestern bei Lidl gelernt, als mir Elli erklärte, dass sie lieber diese Äpfel kauft statt der Äpfel im Angebot. Sie schmecken ein wenig süßer und, ja, duften auch feiner, aromatischer. Der Familie schmeckt das besser, sagt sie, und es stimmt. Ich hatte mir bislang noch nie Gedanken über Apfel-Marken gemacht – ein Fehler. Ich lerne täglich dazu.

So esse ich also mein Sandwich und knabbere den exquisiten Markenapfel. Gleich werde ich den Milch-Zimt-Kaffee trinken und weiter über die großen Fragen nachdenken.

Freunde, lasst uns den »Mut zur Sturheit« pflegen!

Stete Frage höhlt den Wahnsinn. – Stellen wir die lästigen Fragen, wieder und wieder!

Weiterschreiben, Wegner!

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