Dushan-Wegner

26.01.2020

Und jetzt alle! (Was ist unser Refrain?)

von Dushan Wegner, Lesezeit 9 Minuten, Bild von Olga Filonenko
In Leipzig greifen Linke die Polizei an, verletzen 13 Polizisten. In Kiel wird ein Büro angezündet. Linke Schlägertrupps gegen Opposition und Andersdenkende ist »neues Normal«. Wenn man sagte, »es herrscht Krieg«, wie falsch läge man?
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Ein Rätsel, zur Lockerung, bevor wir gleich wieder die Worte zu Schwertern schlagen! Gewiss können Sie den folgenden Sätzen schnell die jeweiligen Buchtitel zuordnen: »Es war die beste Zeit, es war die schlechteste Zeit« (Auflösung jeweils hier: *); »Alle glücklichen Familien sind gleich, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich« (*); » Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt« (*); heute extra relevant: »Es war ein strahlender, kalter Tag im April und die Uhren schlugen Dreizehn« (*), und, natürlich: »Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde« (*).

Im Anfang mag das Wort gewesen sein (so zumindest der erste Satz des Johannesevangeliums), doch es sind nicht Textanfänge, die wir beim Spazierengehen pfeifen, es sind nicht knackige Metaphern, die wir unter der Dusche singen, während wir das Shampoo einwirken und die Wasserrechnung steigen lassen – es sind Refrains von Liedern!

Wie wir den Buchanfängen jeweils die Buchtitel zuordnen können, so lassen nur wenige Worte dieser Refrains die zugehörige Melodie in unserem Kopf und Herz erklingen: »The times, they are a-changing…«, »Imagine all the people, living life in peace…«, »we are the champions, my friend« – zu jeder dieser Zeilen können wir die passende Melodie anstimmen – wahrscheinlich summen Sie einen der genannten Refrains schon jetzt innerlich, nach bloßem Lesen.

In der Geschichte der Nationen, wie wir sie in der Schule lernen (sollten), erfahren wir über die Besonderheiten, die Breaks und Highlights der Nationen. Wenn wir uns selbst und anderen von unserer eigenen Lebensgeschichte erzählen, auch da sind es die Brüche und Leuchttürme, die wir als Eckpunkte und Formgeber interpretieren. Beides täuscht. Nicht die Ausnahmen und Höhepunkte, auch nicht die Tiefpunkte und das Liebervergessene sind es, das unser Leben ausmacht – es ist das Wiederkehrende – der Refrain.

Welchen Refrain singst du am Ende deines Arbeitstages? »Working in the coal mine« oder »I had the time of my life«?

Welchen Refrain sollten die verschiedenen Nationen der Welt anstimmen, am Ende des Jahres, am Ende eines jeden Jahrzehnts, eines Jahrhunderts, und in einigen Fällen: eines Jahrtausends? Ist es »Oh no, not me, I will survive…«, oder ist es: »Just the little bits of history repeating«, zu Deutsch: »Kleine Teile der sich wiederholenden Geschichte«?

In den Essays »I’ve Seen the Future, Baby!« und »In der Zukunft ist alles ironisch gemeint« zitiere ich den Refrain des Liedes »There Is A War« von Leonard Cohen, zu Deutsch: »Es herrscht Krieg«.

Eine markante Passage des Liedes lautet, gegen Ende, als Fazit gewissermaßen, ins Deutsche übertragen: »Es herrscht Krieg zwischen Reichen und Armen. Es herrscht Krieg zwischen dem Mann und der Frau. Es herrscht Krieg zwischen Links und Rechts. Es herrscht Krieg zwischen Schwarz und Weiß. Es herrscht Krieg zwischen Ungerade und Gerade.« – Selten hat ein Refrain unsere Malaise so präzise beschrieben.

Und dann die letzte Zeile

Jede Zeile dieser Passage von »There is a war« wirkt wie eine Vorhersage unserer Zeit: »Es herrscht Krieg zwischen Reichen und Armen.« Praktisch jedes große, von der Propaganda mit Moral übertünchte Thema ließe sich zynisch als Raubzug der Reichen an den Armen deuten. Aktuell etwa die Klimakrise: Spekulanten und Konzerne haben in CO2-Zertifikate und sogenannte »Green Tech« investiert, der Gewinn läuft ihnen vielleicht zu schleppend, also schüren sie Klima-Hysterie, so könnte man vermuten, um mehr Geld von Steuerzahlern in ihre On- und Offshore-Accounts zu bewegen – ein Raubzug der Reichen an den Armen, mit unterstützendem Feuer von Staatsfunk und Schulen. – Auch die folgenden Zeilen passen erstaunlich genau aufs Heute: »… zwischen dem Mann und der Frau«: Was einst als »Emanzipation« begann, als Ruf nach Gleichstellung und Befreiung, ist zum offenen Hass und zum Krieg gegen alles Männliche geworden – »zwischen Links und Rechts«: nun, zuerst bekämpfen Linke alles, was ihnen als Nicht-Links erscheint, sprich: was und wer sich ihnen nicht unterordnen will – »… zwischen Schwarz und Weiß«: Linke brauchen den Konflikt der Rassen. Linke Agitatoren erfinden neue »Rassismen« und schüren Konflikte (»race baiting«), wo bereits Harmonie herrschen könnte.

Und dann diese letzte Zeile, wonach ein Krieg zwischen »Ungerade und Gerade« herrsche. Meine erste Assoziation war der Krieg zwischen dem, was wahr ist – hier: gerade – und dem, was unwahr ist – hier: ungerade. Ich halte an dieser Deutung fest, doch ich stelle eine weitere Deutung daneben: »Odds and evens« ist ein einfaches Spiel (siehe Wikipedia, aber auch Szenen bei Seinfeld oder Two and a Half Men), wobei Spieler auf Gerade oder Ungerade wählen und dann eine zufällige Anzahl von Fingern hochhalten – wer gewinnt und wer verliert, das ist (im Idealfall) zufällig, und doch geben sich beide jeweils selbst die Schuld und Verantwortung.

»Es herrscht Krieg«, singt Leonard Cohen, und wir würden uns wünschen, dieser Refrain würde nicht so präzise aufs Heute passen.

Die ersten Frontkämpfer

Es tobt ein Krieg, etwa in Leipzig: Linke Schlägerbanden gegen die Polizei. 13 verletzte Polizisten bei Angriffen linker Schläger gegen die Männer, die ihre Knochen für unsere Sicherheit und unsere Demokratie hinhalten. Es herrscht ein Krieg von Linksextremen gegen die Demokratie (siehe etwa bild.de, 26.1.2020) – mit offenen Sympathien mancher »moderaten« Linken, und der Begriff »Krieg« wirkt immer weniger wie eine Metapher – manche Bilder sehen nach Bürgerkrieg aus. Noch greifen Linke die Polizei »nur« mit Pflastersteinen und Böllern an, doch was werden sie tun, wenn sie auch damit durchkommen, und wenn ihren abgestumpften Gemütern auch das zu »langweilig« wird und sie irgendwie an scharfe Waffen geraten?

Es tobt ein Krieg der Dummheit gegen die Bildung, gegen Klugheit und Fleiß. 2016 schrieb ich »Es gibt kein Recht auf Dummheit!«, und schon damals war klar: Die Grünen sind die politischen Frontkämpfer im Kampf der Dummheit gegen den Rest von uns. Grüne (und die mit ihnen sympathisierenden Konzerne) brauchen Wähler, die nicht genau denken können; das erste Werkzeug präzisen Denkens ist die Sprache, und also ist es konsequent, dass Grüne bereits in den Schulen das Erlernen etwa des Schreibens bremsen (wollen). Meine Kinder erlebten noch in NRW das »Schreiben nach Gehör« (nachhaltig grausam gegenüber Kindern, wo Familien die Mängel der Schulen nicht in eigener Zeit und mit eigenem Geld wieder ausgleichen). Aktuell hören wir einen neuen Vorschlag von Grünen mit dem Ziel, Kinder schon früh zu verdummen: Der Grüne Winfried Kretschmann findet Rechtschreibung nicht mehr so wichtig, weil Smartphones doch korrigieren, was Kinder so schreiben (welt.de, 24.1.2020). Herr Kretschmann wurde übrigens 2011 der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und schon 2016 konnte man über Bildung in Deutschland lesen: »Der Norden holt auf, Baden-Württemberg schmiert ab« (spiegel.de, 28.10.2016) – die Bildungsministerin dort ist übrigens aktuell von der CDU, von 2011 bis 2016 waren es SPD-ler (siehe Wikipedia).

Es tobt ein Krieg gegen die Demokratie. Während die Demokratiefeinde der Antifa sich der Sympathiebekundungen aus Politik und Staatsfunk sicher sein dürfen, kann die Opposition nicht einmal mehr ihre Parteitage abhalten (siehe welt.de, 23.1.2020). Terror ist das Erreichen politischer Ziele durch das Verbreiten von Schrecken. Vermieter trauen sich nicht, der Opposition einen Raum zu vermieten, aus Angst vor linker Gewalt. Linke Brandanschläge auf Opposition (bild.de, 20.12.2019), Polizei (welt.de, 30.12.2019), Behörden (mdr.de, 8.12.2019) und Firmen (bild.de, 16.1.2020) sind bald »neues Normal«, und vermutlich linke Täter werden vom Staatsfunk immer wieder als »Aktivisten« verharmlost (siehe etwa ndr.de, 26.1.2020). Es ist 2020, linke Gewalt greift in deutsche Politik ein, und erschreckend vielen Leuten scheint das kommod zu sein. – Welchen Refrain sollen wir singen, nicht in den Sonntags- und Lügenreden, sondern wirklich und jeden Tag?

Viel zu früh für Moral!

Ja, sie sind knackig und klug, die ersten Sätze eurer Bücher und Geschichten. Was groß beginnt, endet nicht selten genauso, zumindest in der Welt unserer Bücher. »Er liebte Big Brother«, so endet 1984. – Der Große Gatsby schließt so: »So we beat on, boats against the current, borne back ceaselessly into the past«, zu Deutsch etwa: »So also kämpfen wir uns vor, Boote gegen den Sturm, ununterbrochen in die Vergangenheit treibend.« – Manche Geschichten schließen mit der Moral von eben dieser, andere mit der ans Tautologische grenzenden Zusicherung, wenn die Protagonisten nicht gestorben seien, lebten sie noch heute. 

Rühmt euch nicht mit euren Eröffnungszeilen – es ist eh nur die Hälfte wahr, und ihr wisst selbst nicht, welche das wäre! Spart euch die Moral-von-der-Geschicht’ – es ist viel zu früh für Moral! – Belästigt mich nicht mit den Höhepunkten und euch selbst nicht mit den Tiefpunkten. Sag’ mir, welchen Refrain du am Abend singst, und ich sage dir, was dein Leben ist.

Was ist der deutsche Refrain? Was kann heute unser Refrain sein? – In Köln haben sie jetzt »Einigkeit. Recht. Freiheit« als Refrain abgelehnt (siehe etwa zeit.de, 20.1.2020) – dass Linke mit den Worten und Werten der Demokratie wenig anzufangen wissen ist weiterhin so wenig überraschend wie es erschreckend ist.

Ja, ja, ja!

Was also soll der deutsche Refrain sein? Ich wünschte, es wäre ein anderer, als »there is a war« – »es herrscht Krieg«.

Was könnte unser Refrain sein? »Immer mitten in die Fresse rein« – ein Refrain für Antifa-Schläger, kein Zweifel. – »Immer wieder geht die Sonne auf«? Vielleicht. »Ich wünsch’ dir Liebe ohne Leiden«? Auch gut. »Die kleine Kneipe, in unserer Straße, da wo das Leben noch lebenswert ist«, das ist wirklich schön, und implizit eine wunderbare Antithese zu Klarnamenpflicht und anderen wenig freiheitlichen Ideen.

Ein passender und solide deutscher Refrain hieße heute: »Guten Morgen, liebe Sorgen…«, von Jürgen von der Lippe – Und ich meine natürlich die Version, in welcher gesungen wird: »Die Zeitung ist geklaut, was soll’s, die schreiben eh nur Dreck…«

Ich bin groß geworden in den Zeiten, als man noch pseudo-ironisch sang »Ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt!«, und als Eltern sich freuten, dass Fünfjährige schon »Bruttosozialprodukt« sagen können – in die Hände zu spucken, das wird auch in Deutschland notwendig sein, wenn die Ära Merkel irgendwann zu Ende geht und hoffentlich nicht mit einem Merkel-Klon einfach fortgesetzt wird (siehe auch »Trümmerfrauen nach dem Merkelsturz«).

Ich weiß nicht, was die letzte Zeile unserer Geschichte sein wird – ich suche noch nach einem Refrain, der mir heute durch den Tag hilft. »Es herrscht Krieg«, ist mir zu düster, »da steht ein Pferd auf dem Flur« zu wenig ernsthaft und »Das Lied der Schlümpfe« fast schon zu realistisch.

Lasst uns einen neuen Refrain schreiben! Bis wir ein neues Lied gefunden haben, das wir singen wollen, wenn wir an Deutschland denken, bis dahin summe ich vor mich hin, weil es so gut zu mir und diesem Land passt: »Verdammt, ich lieb’ dich, ich lieb’ dich nicht, verdammt ich brauch dich, ich brauch’ dich niiiiiicht – ich will dich, ich will dich nicht – ich will dich nicht verlieren!«

Weiterschreiben, Wegner!

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