Dushan-Wegner

23.11.2017

Das AfD-Problem-Problem

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten, Foto von Mark Asthoff
Wer gegen Merkels Politik des Suizidalismus ist UND gegen den Retro-Sound von Höcke & Co., der könnte sich derzeit in einer Zwickmühle wiederfinden.
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Es mag Donald Trump sein, der »Sie sind gefeuert!« (»You’re fired!«) zu seinem TV-Markenzeichen machte – im echten Leben war es Jack Welch (General-Electric-CEO von 1981 bis 2001), der für sein knallhartes Feuern von nicht (mehr) benötigten Angestellten bekannt wurde.

Jack Welch stellte (sagt er) sich und seinen Managern immer wieder dieselbe Frage: Würde ich diese(n) Angestellten heute neu einstellen? Wenn die Antwort nicht ein klares »Ja!« war, konnte Welch sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen.

Es ist ratsam, mit unseren Begriffen und Konzepten ähnlich umzugehen. Wir sollten immer wieder prüfen, ob sie noch »funktionieren«, ob sie noch »die Welt da draußen« treffsicher beschreiben. Wenn unsere Begriffe und Konzepte nicht funktionieren, könnte es notwendig sein, sie zu »feuern« – und neue Konzepte »einzustellen«.

Demokratie, zur Wiederholung

Im Herzen von Wahlen und Demokratie finden wir die Idee und den Anspruch, dass wir Bürger unsere Volksvertreter wählen, die unsere Werte nach Berlin tragen und diese Werte dort vertreten. Ich halte wenig von »strategischen« Wahlen und ebenso wenig vom Wählen »mit der Faust in der Tasche«. Bei jeder Wahl muss der aufgeklärte Wähler versuchen, zu ignorieren, was im Wahlkampf gesagt wird, und sich zu erinnern, wofür die Politiker in der Zeit vor dem Wahlkampf standen. Er denkt zurück, welche Politiker seine Werte am überzeugendsten vertraten, und diese sollte er dann wählen, in der Hoffnung, dass sie auch nach den Wahlen bei ihrer Linie bleiben.

AfD, Teil 1

Auf der einen Seite: Höcke & Co. Seine Themen sind nicht meine Themen, sein Sound ist nicht mein Sound. Und Höcke ist wahrlich nicht allein, doch er hat es besonders erfolgreich in die Schlagzeilen geschafft.

In dieser Woche ist Herrn Philipp Ruch, der sich »Zentrum für politische Schönheit« nennt, etwas gelungen, was viele bis dahin für unmöglich hielten: Er lässt Björn Höcke in einem Konflikt als Opfer und moralisch »Saubereren« dastehen. In einer gewohnt idiotischen Aktion wurde der Holocaust instrumentalisiert (es wurde ein »Holocaust-Denkmal« vor Höckes Haus gestellt) und der Rechtsstaat verhöhnt, indem Höckes Familie (samt Kinder) bespitzelt und damit eingeschüchtert wurden. (Es verlaufen einige merkwürdige Verteidigungslinien rund um diese Aktion, die häufig darin münden, dass weil die Nazis damals Kunst als »entartet« bezeichnet haben, jede moralische verwerfliche Tat legitimiert sei, wenn man sie nur als »Kunst« bezeichnet, und wer die Tat kritisiert, in deren Logik natürlich ein »Nazi« ist.)

Man könnte formulieren: Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er sagen, ich bin eine Kunstaktion!

Die als »Kunst« verkaufte Instrumentalisierung der Toten des Holocaust und die politische Einschüchterung eines Oppositions-Politikers samt seiner Familie ändern nichts an der Tatsache, dass Höcke & Co. ein sehr anderes Wertekostüm tragen als ich.

Dass einige von Höckes Gegnern genau die Ideen, die sie ihm vorwerfen, praktisch in die Tat umsetzen (und in Deutschland viele willige Spender und Helfer finden), und dadurch weit übler sind als er, ändert nichts daran, dass Höckes Werte nicht die meinen sind. Eine Partei, die Leute wie ihn so hoch kommen lässt, kann nicht die meine sein.

AfD, Teil 2

Ich habe einige sehr zentrale politische Anliegen. Dazu gehört, dass der von »Merkelmaas« eingeschlagene Pfad in den Meinungstotalitarismus (NetzDG, Förderung von »Stiftungen« etc.) lieber gestern als heute abgebrochen werden muss.

Merkel hat schon heute mit ihrer Welteinladung sehr viel Leid und Schaden bewirkt, und ihr Beharren darauf riskiert die Zukunft Deutschlands wie auch Europas. Man fragt sich: Wenn wir alle Probleme Afrikas nach Europa importiert haben, wohin wird Europa fliehen?

Ich halte es nicht für moralisch, rechtlich oder praktisch in Ordnung, deutsche Steuerzahler malochen zu lassen für die Schulden anderer Staaten.

Wer spricht für mich im Bundestag? Und mit »sprechen« meine ich nicht nur wohlfeile Sonntagsreden im Wahlkampf. Ich meine: Wer ist bereit, Gesetze durchzuboxen und an entsprechender Stelle abzustimmen?

CDU und CSU sind zu leeren Hüllen verkommen, deren Abgeordnete sich durch Plastikpuppen ersetzen ließen, die auf Knopfdruck das Köpfchen senken und »Ja, Frau Merkel« murmeln.

SPD, Grüne und Merkel selbst kennen als Richtung nur den Suizidalismus – gut ist, was schlecht für Deutschland ist.

Die FDP hat die Jamaika-Verhandlungen platzen lassen, und das ist ein Zeichen der Hoffnung – doch man wird sehen. Der Sirenengesang von Minister-Limousinen und Staatsterminen ist ja noch nicht abgeklungen.

Es war nicht die FDP, die den ersten Gesetzesantrag gegen das unselige »NetzDG« in den Bundestag einbrachte, es war die AfD. Wir werden sehen, wie ernst es Christian Lindner mit seiner Drohung meinte, als Opposition einen Untersuchungsausschuss gegen Merkel zu fordern. Davon, dass irgendwer Merkels Vision der europäischen Transferunion aufhält, wagt man kaum noch zu träumen.

Das ist das Dilemma, vor dem (nicht nur) ich stehe. Es gibt keine Partei, die aktuell meine wichtigsten Werte vertritt und deren Prominente nichts sagen, dessen Sound mir zutiefst zuwider wäre. Aus Gesprächen weiß ich, dass ich damit nicht alleine bin. Man »hat ein Problem« mit der AfD. Doch dieses »Problem-haben« ist selbst nicht ohne Problem. Ich nenne es das »AfD-Problem-Problem«.

Aufgabe der freien Medien

Dies ist eine besondere Situation für die demokratisch Denkenden in Deutschland, doch verschiedene Gruppen müssen (oder, milder: können) verschieden reagieren.

Kleine, freie Medien

Beinahe wie erwartet gibt es de facto einen Black-Out durch regierungsnahe Medien zu Auftritten der AfD im Bundestag. So bleibt es uns, den Bloggern und Kleinmedien, die Arbeit der AfD zu begleiten. Wir müssen über die AfD schreiben, weil die Medien mit den »etablierten« Parteien in den Räten und Redaktionen sie verschweigen wollen – bis auf Ausnahmen, wie etwa Meedia, die über genau diesen Missstand berichten.

Kleine, freie Wähler

Der Wähler aber darf sich zurücklehnen und abwarten, wie sich »die Lage« entwickelt. Betrachten wir die aktuellen Entwicklungen als »Wahlkampf-wider-Willen«. Jetzt ist die Zeit, in der wir die Parteien bewerten sollten. Wenn der »heiße« Wahlkampf beginnt, sollten wir unsere Entscheidung bereits getroffen haben – und wissen, welche Partei wir einstellen und welche wir feuern.

In diesem Geiste, liebe Parteien: Ihr Bewerbungsgespräch hat begonnen und wir sind gespannt, was Sie uns präsentieren!

Weiterschreiben, Wegner!

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