Dushan-Wegner

26.03.2020

»Jede Lüge, die wir erzählen, nimmt Schulden bei der Wahrheit auf«

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Foto von Léonard Cotte
»Unsere Mathe-Verachtung ist tödlich« heißt es in der TAZ, und »Bildungsbürger« würden mit ihrem Nichtwissen kokettieren. Pardon, das ist fast schon Fake News. Es sind LINKE, die stolz aufs Nichtdenken sind – und ja, der linke Dummheitskult ist tödlich.
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Auf meinem Tisch liegt vor mir eine Münze, und auf dieser Münze ist aufgeprägt: »Nein? Doch! Oh!« – auf jene Filmszene (siehe YouTube) anspielend – und dazu das Porträt von Louis de Funès, samt seiner Lebensdaten, 1914 bis 1983. Ich spiele gern mit der Münze, während ich nachdenke – manchmal amüsiert, manchmal seufzend.

Ich habe vor fast genau einem Jahr einen Essay geschrieben, der hatte den Titel: »Nein! Doch! Oh! – die Überschrift, die heute über fast jede Nachricht passt« (29.3.2019) – Schon zuvor, und erst recht nach jenem Essay, haben nicht wenige von Ihnen diesen Ausruf mit ausgerufen: »Nein! Doch! Oh!«

Das hat Folgen

Mitte März 2020 stellte ich halb-verwundert fest, dass Deutschland zum »Bösmenschland« wurde, geradezu »bösmenschlich«, und mit »bösmenschlich« meinen wir selbstredend das Gegenteil von »gutmenschlich« – also: konsequenzblinde Bauchgefühl-Moralisten und zynische Machtmaschinen tun stellenweise ihr Bestes (was mangels Erfahrung nicht notwendigerweise rühmenswert ist), sich wie denkende, gewissensgeleitete Verantwortungsträger zu gerieren.

In der »TAZ«, dem inoffiziellen Leitblatt deutscher Realitätsleugner und eine Art gedruckte Ausgabe der Staatsfunk-Kommentare, lesen wir heute überraschende Zeilen:

Unsere Mathe-Verachtung ist tödlich – Bildungsbürger kokettieren gern damit, von Naturwissenschaften keine Ahnung zu haben. Die Covid-19-Krise könnte das ändern. (taz.de, 24.3.2020)

Im Text heißt es dann:

In den sogenannten klassisch gebildeten Milieus ist es sozial akzeptiert, wenn man damit kokettiert, schlecht in Mathe gewesen zu sein. Kein Mensch in diesen Milieus würde zum Beispiel auf einer Party beim Smalltalk zugeben, dass er noch nichts von Goethe gelesen hat; das würde den sozialen Tod bedeuten. (taz.de, 24.3.2020)

Und dann weiter:

Diese Haltung zeigt sich auch bei vielen, die derzeit an den föderalen Hebeln sitzen. Sie mögen zwar Goethe kennen, konnten sich aber meist nicht vorstellen, dass bei einer Exponentialkurve eine anfangs scheinbar harmlose Zunahme der Infizierten plötzlich so durch die Decke schießt. Das hat Folgen, die derzeit Tote fordern. (taz.de, 24.3.2020)

Wenn die TAZ vom »Bildungsbürger« spricht, meint sie wohl linke »Bildungsbürger« – nicht Sie, nicht mich.

Nicht eine Sekunde

In der Krise bleibt keine Zeit für höfliche Zurückhaltung, also sage ich es direkt und unbescheiden: Ich habe einen Abschluss in Philosophie, Germanistik und »Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft«, wie die Medienwissenschaft im Jahr 1993 noch hieß. Ich lese den Faust zum Vergnügen, meine Kinder können mindestens den Prometheus auswendig rezitieren (siehe etwa auch den Text »Wer half mir wider der Titanen Übermut?«).

Ja, es ist mir wichtig, dass meine Kinder mit Goethe, Jesus, Buddha und anderen Klassikern/»Klassikern« aufwachsen – und nicht minder wichtig ist es mir, dass sie beide fit in Mathematik werden und bleiben.

Jetzt, in der Krise, frischen beide Kinder ihre Computerkenntnisse auf (eines schwerpunktmäßig Python, das andere Adobe CS) – und sie lernen beide weiterhin Mandarin. Ich gehe davon aus, dass die Corona-Krise für China ein kleineres, bald vergessenes Schlagloch auf dem Weg in die Zukunft sein wird. Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich hier irren kann, siehe auch achgut,com, 26.3.2020.

Für Europa aber ist es ein denkbar schwerer Rückschlag, und wenn der verfluchte deutsche Staatsfunk seine Machtposition beibehält (derzeit scheint er sie ja noch auszubauen!), verabschiedet Deutschland sich hiernach noch in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts irreversibel aus der Liste der international relevanten Player.

Nein, ich habe nie, nicht eine Sekunde, mit Mathematik-Verachtung kokettiert (meine Abitur-Fächer 1993 waren Mathematik und Kunst, seit jeher zwei Perspektiven auf die Welt).

Anfang Februar 2018 schrieb ich den Essay »Der Parkpfleger, die Algen und das exponentielle Wachstum«. Ich erkläre darin, am Beispiel von Algen, was exponentielles Wachstum bedeutet.

Ich fürchte, ich zähle wohl nicht zu dem, was Linksextreme und Journalisten einen »Bildungsbürger« nennen, denn nicht nur sah ich immer, seit meinem Abitur schon, Mathematik und Kunst (und Philosophie), als verschiedene Perspektiven auf dieselben tieferen Wahrheiten – es ist mir auch wichtig, dies mit »der Welt« zu teilen.

Letztens habe ich aus dem aktuellen Anlass, ganz selbstverständlich, als aktuellen Auffrischer des Essays von 2018, ein längeres Video, ein unpolitisches, kürzeres Video und einen neuen Essay zum exponentiellen Wachstum veröffentlicht. Ich bin wohl wirklich, wirklich kein »Bildungsbürger« in der linksgrünen Bedeutung des Wortes.

Die Regeln der Realität

Es gab Zeiten, ich will es gestehen, da spürte ich Wut – und Hilflosigkeit – also: hilflose Wut – ob der gefährlichen Untiefe öffentlicher Debatte. Heute bin ich bald zuerst sentimental ob der vertanen Möglichkeiten.

Meine »Hoffnung« für 2018 mochte damals verfrüht gewesen sein – im Text »3 Regeln, die sich in der Realität immer durchsetzen« schrieb ich: »2018 ist das Jahr, in dem die linken Kartenhäuser in sich zusammenfallen«, und das Kartenhaus ist zwar tatsächlich zusammengefallen, doch macht das einen Unterschied, wenn die Bewohner eisern so tun, als wohnten sie noch drin?

Die Begründung aller, warum das Kartenhaus einstürzen würde, ob 2018 oder 2020, die galt damals wie heute: »Die Realität folgt Regeln wie ›Kausalität‹ – und sie wird es tun, ob es Linken passt oder nicht. ›Konservative‹ sind einfach Leute, welche die Regeln der Realität als solche anerkennen.«

Wenig hat sich an meiner Position geändert – einiges an der Welt, wenig zum Besseren – zu viel ist erschreckend weit fortgeschritten.

Unseres mächtigen Geistes Schöpfung

Ich habe aktuell ein Video veröffentlicht (youtube.com/watch?v=JWhgfusSO0s), und darin spreche ich darüber, was vorbei ist, was bleibt und was neu sein wird.

Meine große Hoffnung ist, dass erneut Vernunft einkehrt.

Die innere Zerstörung, die linksgrünes Nichtdenken in deutsche Entscheidungswege brachte, gebiert ihre tödlichen Früchte.

»Unsere Mathe-Verachtung ist tödlich«, heißt es ausgerechnet im inoffiziellen Parteiblatt der grünen Nicht-Denk-Partei, und es ist natürlich richtig, jedoch nicht vollständig.

»Every lie we tell incurs a debt to the truth«, so heißt es in der bemerkenswerten Verfilmung der Tschernobyl-Katastrophe (Clip auf YouTube), zu Deutsch in etwa: Jede Lüge, die wir erzählen, nimmt Schulden bei der Wahrheit auf.

Das Weltbild von Linken ist auf Lügen gebaut. Am Ende gewinnt immer die Realität. Die Realität hat begonnen, unsere Schulden zurück zu fordern.

Das erbarmungslos wie ruhig, kühl schlagende Herz der Realität ist eben jenes Prinzip von Ursache und Wirkung, der so hochheiligen wie denkbar profanen Kausalität, oder wie der Buddha es im ersten Vers des Dhammapada formuliert:

Alle Dinge entstehen im Geist,
sind unseres mächtigen Geistes Schöpfung.

Das Land, das unvorbereitet in die Gefahr geht, das seine Industrie verkrüppelt, Arbeitsplätze aufgibt und seine eigenen Bürger – denen doch alle seine Verantwortung galt! – in die dritte Reihe absacken lässt, dieses Land ist die Schöpfung des linken Geistes, dieses grünen Kultes am stinkenden Altar der totalen Dummheit.

Ich weiß nicht, ich fürchte alle Vorhersagen, was von Deutschland – und uns! – übrig sein wird, wenn jener Kult der Dummheit und seine willigen Priester fertig sind.

»Wird unsere Kraft reichen, den Weg zurück zu gehen?«, so fragte ich am 16. August 2018.

Ach, welch´ Optimismus dem Essayisten jene Frage überhaupt möglich machte! Die Frage, zu der auch ich zu feige war, musste doch lauten: Wird es hiernach einen Weg zurück geben?

Ich weiß es nicht. Wir kämpfen mit Mächten, gegen die weder Waffen noch Anwälte ankommen, wir kämpfen gegen mutierende Viren und stabile Dummheit.

Ich habe eine Münze, jetzt ist sie in meiner Hand, und auf dieser Münze steht: »Nein? Doch! Oh!« – und ich interpretiere es also: »Aus der Ursache folgt die Wirkung – wunderst du dich etwa?!«

Aus Ursache folgt die Wirkung, wie der Buddha sagt: so sicher wie das Rad dem Fuß folgt, der den Wagen zieht.

Das ist, was mich diese Münze lehrt, die nun vor mir liegt: Aus der Ursache folgt die Wirkung, und wenn dir die Wirkung nicht gefällt – ändere die Ursache!

Weiterschreiben, Wegner!

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