Dushan-Wegner

14.11.2018

Was ist die wichtigste menschliche Fähigkeit?

von Dushan Wegner, Lesezeit 14 Minuten, Collage aus Fotos von Philipp Klausner (Schiff) und Sharon McCutcheon (Lichteffekte)
Denkexperiment: Nehmen wir an, die Apokalypse passiert. Wir müssen alles neu aufbauen und alles neu lernen. Was wäre die erste Fähigkeit, die wir erwerben sollten? Ich schlage vor: präzises Denken! – Was meinen Sie? (Bitte Text lesen und Feedback geben!)
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Ich habe kürzlich einen kurzen Comic gelesen, da sagte ein Urzeit-Mensch zum anderen (zumindest sahen beide Figuren zunächst so aus): »Die Alten machen das so. Sie wandern herum und starren auf das Ding.« – Im einem der folgenden Comic-Kästchen sah man einen bärtigen Urmenschen, der auf etwas starrte, das ein Smartphone zu sein schien. Es war wohl ausgeschaltet, denn im Hintergrund sagte der Sprecher: »Die Alten starren auf diese Dinge und hoffen, dass etwas wiederkommt …« – das nächste Comic-Kästchen zeigt eine apokalyptische Szenerie, mit zerfallener Golden-Gate-Bridge und überwucherten Wohnhäusern; der Satz wird beendet: »… das sie ›Strom‹ nennen.« (Falls jemand den Comic online wiederfindet, möge er mir bitte mailen, ich habe es hier aus dem Gedächtnis nacherzählt.)

Jeder Witz erfasst (mindestens) einen Schmerz und hilft uns durch Verfremdung und Zuspitzung, diesen Schmerz zu verarbeiten. (Deshalb wird »politisch korrekter Humor«, wie ihn etwa Staatsfunk-Comedians versuchen, nie funktionieren, sondern immer nur vulgäres Schenkelklopfen über vermeintlich Schwächere, meist die Opposition, Fake Humor bleiben, der sich zum richtigen Humor verhält wie manches Süßungsmittel zum Zucker: Humor verarbeitet Schmerz, aber politische Korrektheit besteht darauf, so zu tun, als gäbe es die wirklich schmerzhaften Probleme nicht; siehe z.B. die Warnung von Mel Brooks: ‚Stupidly politically correct society is the death of comedy‘, telegraph.co.uk, 21.9.2017.)

Der erste Witz des erwähnten Comics ist, dass viele Menschen weltweit in solchem Maße von ihrem Smartphone abhängig sind, dass sie selbst im Fall einer Apokalypse weiter auf dieses Ding starren würden, selbst wenn es schon längst keinen Strom mehr gäbe.

Ich sehe noch einen zweiten Witz im ersten: Der Comic-Künstler scheint zu ahnen, dass die grassierende Smartphone-Abhängigkeit und eine mögliche Apokalypse zusammenhängen. Wenn Künstler wirklich ein Barometer kultureller Klimaveränderungen sind, dann sind solche Ahnungen, und sei es »nur« im Comic, »nur« im Scherz, kein beruhigendes Zeichen.

Sie kennen ja einen anderen Witz, einen schnellen Spruch: Die Zukunft ist auch nicht mehr, was sie mal war. Globalisten und Linksgrüne machen aus Europa einen Abenteuerspielplatz mit All-you-can-eat-Buffet. Es geht vorbei, seit 2015 sieht es jeder, doch was wird danach kommen? Was werden wir bis dahin tun?

Merkel, Macron & all die anderen Kinder- und/oder Verantwortungslosen haben sehr offensichtlich ihre eigene Antwort gefunden (Macron will jetzt mit Facebook beim Löschen verbotener Meinung zusammenarbeiten, siehe z.B. politico.eu, 12.11.2018). Aktuell fordern die Justizminister der deutschen Bundesländer, das Zensur-Gesetz NetzDG drastisch zu verschärfen (siehe z.B. turi2.de, 13.11.2018) und das Ministerium von Peinlichminister Maas verweigert Informationen zum Migrationspakt (siehe z.B. tagesspiegel.de, 12.11.2018).

Ich weiß nicht, ob die Apokalypse kommt, wie sie aussehen wird, wann es soweit ist und ob sie schon begonnen hat, doch so oder so habe ich eine andere Antwort auf die aktuellen Verwerfungen als Postdemokraten und Globalisten.

Egal wie die Welt hiernach aussieht, eines scheint mir sicher zu sein: Wir (ja, das ganz große Wir!) werden einige Grundlagen-Kenntnisse neu erwerben müssen. Die grundlagigste aller Grundlagen-Kenntnisse ist die Kunst des präzisen Denkens.

Dies ist ein Grundlagentext. Hier versuche ich, Sie und mich neu für die (meiner Ansicht nach) wichtigste menschliche Gewohnheit zu begeistern: das präzise Denken!

Schreiben Sie mir, extra zu diesem Text

Viele von Ihnen schreiben mir Ihre Gedanken zu meinen Essays. Ich lese und beantworte so viel ich kann, Sie wissen das. Zu diesem Text möchte ich ganz explizit um Ihr Feedback bitten: Welche Gedanken sollte man anders ausformulieren? Welche Beispiele – sehr gern aus Literatur und Geschichte! – wären noch geeignet! Ich werde alles lesen, ich werde zu antworten versuchen (aber, Ehrlichkeit vorab: ich werde Sie nicht bezahlen, ja, wahrscheinlich nicht einmal erwähnen). Ich freue mich auf Ihr Feedback an [email protected]!

Welche Fähigkeiten müssten wir Menschen neu erlernen nach einer Apokalypse? Als erste überlebensnotwendige Eigenschaft schlage ich vor: das präzise Denken.

Präzises Denken wird sich durchsetzen

Denke präzise! Dies ist die wichtigste meiner Regeln: Denke jederzeit so, dass deine Art zu schlussfolgern den Mechanismen entspricht, nach denen sich die Realität verhält.

Stell dir zwei Schiffe vor und zwei Kapitäne. Beide Schiffe haben ihren Kurs in dieselbe Richtung gesetzt. Auf dem Horizont erscheinen Klippen, die auf der Karte nicht verzeichnet gewesen waren. Beide Schiffe steuern aufs Unglück zu, aber noch ist für jedes der beiden Schiffe genug Zeit, den Kurs zu ändern.

Der erste Kapitän sagt: »Wenn wir auf diesem Kurs in diese Richtung fahren, dann werden wir kollidieren und untergehen; also setze ich einen neuen Kurs, damit wir nicht in tödliche Gefahr geraten.«

Der zweite Kapitän sagt: »Wir fahren mit guter Absicht, und die Götter sind uns gewogen; gewiss wird ein Wunder geschehen, so dass wir nicht kollidieren; haltet den Kurs!«

Der erste Kapitän passt sein Denken den Mechanismen der Welt an; das Denken des zweiten Kapitäns ist in anderen Motivationen als der Realität begründet, und er hofft, dass die Realität auf magische Weise sich seinem Denken anpassen wird.

Auf welchem der beiden Schiffe willst du als Passagier mitfahren? Bei welchem der beiden Kapitäne willst du Matrose werden?

Die Natur verhandelt nicht. Die Natur schließt keine Kompromisse. Die Natur hat kein Nachsehen auch nur mit dem kleinsten Fehler.

Die Realität wird gewinnen

Auf der kleinsten Ebene mag es echten Zufall geben. Im Kleinsten mag es Ereignisse geben, die mit wissenschaftlichen Modellen vorhersagbar sind, doch auch diese passieren innerhalb eines vorhersagbaren Wahrscheinlichkeitskorridors. In der großen Welt, in der Welt welche menschlichen Sinnen zugänglich ist und welche den menschlichen Alltag bestimmt, da passiert nichts auf prinzipiell unvorhersehbare Weise.

Ein Würfel fällt nicht wirklich zufällig, wir sind lediglich mit der Berechnung seines Fallens überfordert. Jedes Ereignis folgt aus einem anderen Ereignis, nach Regeln und nach Gesetzen, dies gilt gleichermaßen für den Fall des Würfels und für den Verlauf der Geschichte.

Wer präzise denkt, der teilt die Welt in zwei Arten von Ereignissen: Erstens solche Ereignisse, deren Verlauf er vorhersehen kann, und zweitens Ereignisse, deren Verlauf er aus praktischen Gründen nur als Fortsetzung bisheriger Linien schätzen kann; der präzise Denkende versucht, den Anteil der Ereignisse, deren Verlauf er berechnen kann, stetig zu erhöhen.

Wer unpräzise denkt, der meint weitere Arten von Ereignissen zu kennen, etwa magische Ereignisse, die so ausfallen werden, wie er es sich wünscht, entgegen aller Erfahrung, Anschauung und offensichtlicher Kausalität. Der Kapitän, der Kurs auf die Klippen hält und sich der Kausalität verweigert, der ist ein unpräzise denkender Mensch.

Wenn dein Denken und die Realität im Widerspruch stehen, wird am Ende die Realität gewinnen – immer.

Die Realität gewinnt

Gedanken, die sich an der Realität ausrichten, sind wahr (die erfolglose Absicht der Ausrichtung genügt nicht. Wenn ich meine Gedanken an der Realität ausrichten wollte, darin aber aus irgendwelchen Gründen gescheitert bin, sind meine Gedanken eben falsch); Gedanken, die anders strukturiert sind als die Realität, sind falsch.

Die Realität ist logisch. Ein altes Beispiel für logisches Denken spricht von Sokrates und der Sterblichkeit von Menschen: »Alle Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch. Also ist Sokrates sterblich.«

Man kann diese Sätze genauer formulieren und die Verbindungen einfügen, welche Philosophen und Logiker ohnehin mitlesen, so dass es zusammen eine Aussage über die Welt insgesamt ergibt: »Wenn es richtig ist, dass alle Menschen sterblich sind, und wenn es richtig ist, dass Sokrates ein Mensch ist, dann ist Sokrates sterblich.«

Die kombinierte Aussage über den sterblichen Sokrates ist nicht deshalb wahr, weil sie etwas Konkretes über die Menschen aussagt, sondern weil sie etwas über die Struktur der Realität insgesamt feststellt. Man könnte statt Menschen und Sokrates beliebige andere Ideen einsetzen.

Übertragen wir die Logik der Aussage vom sterblichen Sokrates zunächst auf Mengen, und dann auf ein Haus samt seiner Möbel, und dann können wir dieselbe Logik so darstellen: Wenn es stimmt, dass der Schrank sich im Haus befindet, und dass Sokrates sich im Schrank befindet, dann gilt, dass Sokrates sich im Haus befindet! (Und solange wir den Schrank nicht öffnen oder der Philosoph sich nicht meldet, wissen wir nicht, ob der Philosoph noch lebt, müssen also zugleich davon ausgehen, dass er tot und dass er lebendig ist, aber das ist wieder eine ganz andere Philosophie.)

Wenn einer sagte, dass aus der ersten Tatsache, dass der Schrank im Haus steht, und aus der zweiten Tatsache, dass Sokrates im Schrank steckt, wir nicht ableiten können, dass Sokrates sich innerhalb des Hauses befindet, dann läge er innerhalb dieser Realität falsch.

Wenn er sagte, dass aus der ersten Tatsache, dass das Schiff auf Klippen zusteuert, und der zweiten, dass Klippen die Eigenschaft haben, Schiffe zu zerstören, nicht folgt, dass das Schiff ohne Kurskorrektur zerschellen wird, dann läge er innerhalb dieser Realität falsch.

Die Realität ist logisch, und der präzise denkende Mensch versucht jeden Tag, sein Denken an die Realität anzupassen.

Emotionen vs. Ratio

Maschinen sind schon jetzt besser in einigen Aspekten des rationalen Denkens (kurz: der Ratio) als der Mensch, selbst in solchen, wo Ratio und »Bauchgefühl« sich verbanden (Maschinen erkennen manche Krankheiten zuverlässiger oder finden Unregelmäßigkeiten in Buchungsvorgängen). Als ob die Tatsache, dass Maschinen ihn überholen, nicht gefährlich genug für den Stolz des Menschen auf seine Ratio wäre, behindert der Mensch seine Schlussfähigkeiten auch noch selbst, indem er sie von Gefühlen überlagern lässt.

Gefühle, wie Bewusstsein und Absicht, gehören zu den Aspekten des Menschseins, die unser Leben, unser Selbstbild und unser Verständnis von Gut und Böse formen, die wir aber zugleich kaum verstehen. Wir können angeben, dass und wann wir bei Bewusstsein sind, eine Absicht haben oder ein Gefühl empfinden, doch wir können kaum angeben, was genau Freude oder Trauer sind.

Obwohl wir wenig Auskunft darüber geben können, was Gefühle sind, sind Gefühl eine innere Kraft, die wieder und wieder unsere Ratio einschränkt. Die meisten Menschen – und der Autor sieht sich nicht als Ausnahme – nutzen die Ratio, um mit ihrer Hilfe ihre Gefühle zu bedienen. Ein Paradox menschlicher Existenz ist aber, dass während die Ratio versucht, durch kluges Handeln den Gefühlen zu dienen, andere Gefühle der Ratio dazwischenfunken könnten und sie vom Erfolg abhalten.

Nehmen wir an, dass ein Schiff auf Klippen zusteuert und noch den Kurs wechseln könnte – welche Gefühle bewegen den Kapitän? Ein Gefühl könnte der Wunsch sein, das Schiff heil zu erhalten, dann würde er den Kurs korrigieren. Der Kapitän könnte aber auch im Vorfeld der Welt verkündet haben, dass sein Kurs unfehlbar sei, und dass er seine ganze Kapitänsehre auf diesen Kurs verwette; dann wäre der Kapitän von einem Gefühl der Angst ergriffen, aber nicht so sehr einer Angst vor den Klippen, als viel mehr der Angst vor kommender Schmach; den Kurs zu ändern wäre eine Zeichen der Niederlage, er sähe seine Ehre verletzt. Doch, er gesteht sich seine Angst vor dem Ehrverlust nicht ein, denn dann würde seine Ratio schnell einsehen, dass die Schmach, das Schiff vor die Klippen gesteuert zu haben, noch größer ist; das Gefühl der Angst unterdrückt die Warnungen der Ratio.

Fehlschlüsse

Wir sind nicht so klug, wie wir meinen. Inkompetente Menschen neigen regelmäßig dazu, die eigene Kompetenz weit zu überschätzen – dieses Phänomen kennen wir als »Dunning-Kruger-Effekt« oder »Journalisten-Syndrom«.

Unser Gehirn versucht, Abkürzungen zu finden – das klappt häufig, aber eben nicht immer, und so entstehen die unter Logikern gefürchteten Fehlschlüsse.

Der Möglichkeiten, sich zu irren, sind zu viele, als dass ich sie hier alle aufzählen könnte; lassen Sie mich bitte drei listen, als Beispiel – ich zeige drei Fallen auf, hoffend, dass der Wanderer auf die übrigen Fallen selbst achtet!

Moralistischer Fehlschluss

Wie das Bewusstsein und die Absicht, so ist auch die Moral dem Menschen angeboren – eine starke Kraft, die unser Handeln bestimmt, die Weltreiche gründet und Kriege beginnt, und die wir doch nicht ganz verstehen. Wenn ein Argument die Moral einbezieht, kann unsere Ratio dazu neigen, sich höflich zurückzuziehen.

Ganze theologische Systeme samt spektakulärer ontologischer Aussagen können auf dem moralistischen Fehlschluss fußen! Etwa so: »Es ist schlecht, dass der Mensch stirbt, also stirbt er nicht wirklich, sondern lebt in einer unsichtbaren Form nach dem Tod weiter.«

Heutige dogmatische Systeme schließen ebenso von ihrer Moral auf die Realität, etwa so: »Es ist schlecht, dass Männer und Frauen unterschiedlich sind, also sind sie nicht unterschiedlich.« – Wer wie ich einen Sohn und eine Tochter hat, und entsprechende Vergleiche anstellen kann, der ahnt, dass die Konklusion komplett falsch sein könnte. (Ich würde auch noch die Prämisse nachdrücklich bestreiten: Jungen und Mädchen sind unterschiedlich, und das ist auch gut so!)

Selbstverständlich hat der präzise Denker eine Moral – seine Moral ist sogar schärfer und nachhaltiger als die des von seinen Gefühlen und Bauchgefühlen getriebenen unpräzisen Denkers – doch er lässt nicht zu, dass die moralischen Gefühle die Präzision seines Schließens beeinträchtigen.

Strohmann-Argument

Wir wollen richtig liegen. Und: Wir wollen Energie sparen. Und: Wir wollen nicht mehr als nötig nachdenken müssen. – Das sind gleich drei Wünsche in einem, wie könnten wir sie wahr werden lassen? – Einfach, liebe Freunde: Nutzen Sie ein Strohmann-Argument!

Wenn wir das eigentliche Argument des Gegners nicht widerlegen können, widerlegen wir eben eines, das so ähnlich klingt; und dieses ausgedachte Argument erledigen wir dann so leicht und so stolz und doch so lächerlich, wie der übende Ritter die wehrlose Strohpuppe mit einem schnellen Schwertstreich erledigt.

Beispiel: Wenn der Gegner sagt, er wolle die Grenzen bewachen wie es im Grundgesetz steht, argumentieren wir gegen den argumentativen Strohmann, der Gegner wolle Menschen an der Grenze erschießen lassen. (Die hohe Schule des aufgerüsteten Fehlschlusses ist es, den Gegner via befreundeter Journalisten dazu zu bringen, etwas zu sagen, das sich z.B. via Entkontextualisierung zu eben diesem Strohmann umdeuten lässt.)

Das erste Problem des Strohmanns ist, dass es die Debatte insgesamt vergiftet. In Deutschland besteht die Argumentation von Regierung und Staatsfunk gegen die verhasste Opposition derzeit aus wenig mehr als Strohmännern. Wenn etwa zum Migrationspakt gesagt wird, er enthalte einige hoch-problematische Passagen (siehe: »Das eigentliche Problem am UN-Migrationspakt«), wird von Staatsfunklern der Strohmann angegangen, die Kritiker seien gegen alle und damit auch gegen die wahrscheinlich nützlichen Passagen.

Das zweite Problem ist, dass besonders das Strohmann-Argument den Argumentierenden verführen könnte, selbst zu glauben, was er sagt. Es fühlt sich gut an, den Gegner – vermeintlich – widerlegt zu haben, das Gehirn verbreitet Belohnungs-Gefühle; sich zu hinterfragen und vor sich selbst den Strohmann-Fehlschluss zuzugeben, bedeutet, vor sich selbst als Verlierer dazustehen, und wer will das schon?

Der präzise Denker muss damit leben, manchmal eben nicht zu »gewinnen«; nur der unpräzise Denker kann im Gefühl leben, jedes Argument gewonnen zu haben – bis ihn die Realität einholt.

Ad Hominem

Das »Argumentum ad hominem« (kurz: Ad Hominem) schließt von den Umständen des Sprechers auf den Wert der Aussage, meist ablehnend. Dieser Fehlschluss ist universell als solcher anerkannt, und wird besonders von denen häufig kritisiert, die ihn regelmäßig anwenden.

Trotz seines schlechten Rufs ist das Ad Hominem ein in der Praxis durchaus bewährtes Schlussverfahren! Wenn Sie einen medizinischen Rat von einem erfahrenen Arzt hören und einen von Ihrer Tante, die sich zu viel auf dubiosen Internet-Seiten herumtreibt, auf welchen sollten Sie rationalerweise hören? – Wenn Sie vorhaben, gesund zu bleiben, wahrscheinlich auf den Rat des Arztes, also ein positives Ad Hominem. (Sie könnten den Arzt aber auch ad hominem angreifen, und aus der Tatsache, dass er mit seinem Beruf gutes Geld verdient, folgern, dass sein Rat »gekauft« und damit falsch ist – viel Glück.)

In der öffentlichen Debatte hat sich heute eine neue, etwas kompliziertere Form des Ad Hominem etabliert, welche oft die anderen Fehlschlüsse einbezieht.

Beispiel:

  1. Moralistischer Fehlschluss: Alle Menschen verdienen ein angenehmes Leben, also sollte jeder über offene Grenzen nach Deutschland einwandern dürfen. Und, im Umkehrschluss: Wer gegen offene Grenzen ist, der ist dagegen, dass alle Menschen ein angenehmes Leben führen, ist also ein Menschenhasser.
  2. Strohmann-Argument: Person X ist gegen offene Grenzen, also will er Menschen (an der Grenze) erschießen lassen, ist also im Herzen ein Mörder.
  3. Ad Hominem: Wenn X sagt, dass Y gefährlich und undemokratisch ist, dann können wir ihm das nicht glauben, denn X ist ein Menschenhasser und im Herzen ein Mörder.

Neuanfang

Niemand kann mit irgendeiner Sicherheit sagen, wie Deutschland, Europa und die Welt in zehn oder zwanzig oder hundert Jahren aussehen werden.

Der Westen und Europa wurden durch Intellektualität und offene Debatte geprägt und geformt. Linke und Globalisten versuchen in immer selbstbewussteren Schritten, freie Meinung und offene Debatte zu beschränken. Wenn ich als China oder Russland den Westen und speziell Europa bewegen wollte, sich selbst von innen heraus zu schwächen, würde ich ihnen empfehlen, genau das zu tun, was Politiker wie Merkel, Maas und Macron derzeit tun, und was unter Merz wahrscheinlich nicht enden würde.

Ich weiß nicht, auf welches Szenario wir uns vorbereiten sollen, aber ich bin mir sicher, dass neben dem Wiederaufbau von ghettoisierten Stadtteilen und milliardenschweren Ruinen wie dem BER es auch einen geistigen Wiederaufbau verlangen wird.

Nach einem Zeitalter der linken Hysterie und suizidaler Selbstverblödung, welche zu viele Menschenleben kostete, welche die Wirtschaft lähmen wird, welche den Antisemitismus wieder erstarken lässt und Teile der Kultur unwiederbringlich verlorengibt, wird es notwendig sein, uns neu darauf zu besinnen, wie Menschen ihr Leben und Denken ordnen sollten, um nachhaltig in Frieden zusammenzuleben, um sich vor Feinden zu schützen, und, wohl am wichtigsten, um täglich klüger statt wie derzeit täglich dümmer zu werden.

Ich weiß nicht, welches Szenario auf die linksgrüne geistig-moralische Abwärtsspirale folgt, doch ich weiß, wie ich beim Wiederaufbau helfe.

Wir werden neu lernen müssen, was präzises Denken überhaupt bedeutet. Wir werden die menschliche Ratio neu entdecken. Es ist immer gut, rechtzeitig mit dem Lernen zu beginnen – fangen wir also heute neu an, und besinnen uns: Denke präzise! Denke jederzeit so, dass deine Art zu schlussfolgern den Mechanismen entspricht, nach denen sich die Realität verhält.

Weiterschreiben, Wegner!

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