Dushan-Wegner

28.05.2018

Journalisten – habt Mut!

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Bild von Daniele Levis Pelusi
Ich habe gesehen, wie ein ZDF-Mann erst eine wichtige, ethische Wahrheit sagte – und sich dann öffentlich dafür entschuldigte. Schrecklich! Mein Plädoyer: Journalisten, habt Mut! Traut euch und folgt eurem Gewissen!
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Ich schimpfe jeden Tag über Journalisten – das stimmt! – und über »die Medien« schimpfe ich extra laut. Kein Vertun, das ist so. Ich schimpfe über Mitläufer und Nachplapperer, über Verschweiger und Beschwichtiger. Ganz besonders laut schimpfe ich über die »Öffentlich Rechtlichen«, diese 8-Milliarden-Sekte der zirkulären Wahrheit: »Wir sagen nur die Wahrheit, denn wir sind Leute, die nur die Wahrheit sagen, also ist alles, was wir sagen, die Wahrheit, und also kann man über uns nur sagen, dass wir stets die Wahrheit sagen.« – Pfui deibel!

Heute aber will ich nicht schimpfen, zumindest nicht nur schimpfen. Heute will ich Mut zusprechen, ja, den Journalisten, die hier (heimlich?) mitlesen, den Schreibern und Textarbeitern, den Wortschiebern und Zeilendrückern.

Heute will ich all den selbst schreibenden, heimlichen Lesern einmal Mut zusprechen!

Es gibt einen Anlass dazu.

Der Fall Bröckerhoff

Ich habe heute etwas Schreckliches erlebt. Etwas Abstraktes, ein Blogpost, ein paar Tweets, beides gelöscht, doch das, was es bedeutet, das schien mir schrecklich.

Sie kennen gewiss den Vers: »’Tis better to have loved and lost than never to have loved at all.«, zu Deutsch: »Es ist besser, geliebt und verloren zu haben, als gar nicht erst geliebt zu haben.« (Es ist von Alfred Lord Tennyson.)

Ist es mit Hoffnung so ähnlich? Ist es besser, kurz zu hoffen und dann die Hoffnung wieder aufgeben zu müssen, oder wäre es vorzuziehen, gar nicht erst gehofft zu haben?

»Hoffnung« ist ein großes Wort, und die Akteure in diesem kleinen virtuellen Drama verdienen es kaum, dass man »Hoffnung« sagt, ich will es aber dennoch tun. Ein hoffnungsvolles Blitzen war ja da, ein Symbol, das für Größeres steht – Korrektur, das für Größeres hätte stehen können.

Beim ZDF, dem Sender, der Böhmermann die Plattform für seine Nazi-Methoden im Kampf gegen Andersdenkende gibt, arbeitet auch ein Herr Bröckerhoff.

Herr B. arbeitet für »Heute+«. Es ist eines der vielen Wir-müssen-was-für-junge-Leute-machen-Formate aus dem Milliarden-Euro-Staatsfunk-Topf, doch darum geht es jetzt und hier nicht.

Herr B. hat mich online ein paar mal angepampt. Kinderkram. Ich weiß gar nicht mehr, worauf er sich bezog. Egal – es ist halt das Bild, das ich von ihm hatte: einer, der mit GEZ im Hintergrund auf Twitter die bösen Abweichler trollt. Nicht der erste und nicht der letzte. Auch darum geht es hier und jetzt nicht

Gestern abend sah ich etwas, das mich positiv überrascht hatte! Und dann verschwand es wieder. Das ist, worum es jetzt und hier geht.

Herr B. schrieb auf seinem privaten Blog einen Text zu den 27.-Mai-2018-Demos in Berlin. Er schrieb es noch am selben Tag.

Er war irritiert, dass auf einer Demo unter dem Schlachtruf »Stopp den Hass« im Kollektiv gegrölt wurde »Ganz Berlin hasst die AfD«. Ich habe den Text gelesen. Er sagte, erinnere ich mich, dass jene, die zu Hass gegen Hass aufrufen, nicht besser sind als jene, die zuerst hassen.

Sehen wir einmal davon ab, dass er wie selbstverständlich davon ausging, dass die erste Zuschreibung des Hasses, wie sein Sender, die Regierungsparteien und die tanzenden »Gegendemonstranten« es tun, stimmig ist.

Ich fand interessant, dass er die übliche Propaganda-Technik, nach »gutem« und »bösem« Hass zu unterscheiden, hinterfragte. Ja, nennen Sie mich leichtgläubig und nach Utopien greifend, aber es gab mir Hoffnung! Es kann doch nicht alles schlecht sein in der Berliner Medienwelt, wenn ein ZDF-Mann sieht, dass die Unterscheidung in »guten Hass« (Kampf gegen Opposition) und »bösen Hass« (Kritik an Regierung) unlogisch, undemokratisch und jenseits von allem ist, was einst als »journalistisch« galt. (Ich weiß nicht, ob er diese meine Aufteilung so übernehmen würde – und heute sowieso nicht mehr!)

Heute dann hatte sich meine Freude über die Vernunft und das journalistische Gewissen bei diesem ZDF-Mann jäh erledigt.

Herr B. hatte seinen Vernunft-Text offline genommen. Er hat die Tweets dazu gelöscht. Er tweetete später: »… Ich hab einiges gelöscht und damit zurück genommen und möchte bei allen um Entschuldigung bitten, die ich damit verletzt habe. Bin jetzt erstmal raus. Danke.«

Ich hatte lange Zeit gedacht, B. sei wirklich so. Ich dachte, er würde all diese politisch korrekten Sachen wirklich so meinen. Wir fragen uns ja immer, ob diese Leute wirklich so sind, ob sie das alles wirklich glauben, oder ob sie nur so tun.

Der Text zur Sinnlosigkeit von »Hass gegen Hass« zeigte, dass B. zumindest zu Vernunft und Selbstbefreiung von linker Propaganda-Denke in der Lage ist.

Das Zurückziehen zeigte weitere Seiten. Ich weiß nicht, was in ihm vorging (und ich halte wenig von Spekulationen), doch das Verhalten, von außen betrachtet, lässt mich an Worte wie »moralische Korruption« denken.

Wenn Ihnen das zu hart vorkommt: Wie sonst sollen wir es nennen, wenn ein Mensch zeigt, dass er zu Vernunft und Logik durchaus in der Lage ist – und dieses Verhalten dann wieder zurückzieht?

Nur dieses eine Leben!

Ich will all den Journalisten, die hier heimlich mitlesen, neu Mut zusprechen!

Der Herr vom ZDF hat Sie verraten: Sie sind ja durchaus in der Lage, die Absurdität linker Überheblichkeit zu erkennen! Verschwenden Sie nicht Ihr Talent, Ihre Ausbildung und letzten Endes Ihre Lebenszeit darauf, immer nur dieselben linken, politisch korrekten, gelogenen und verbogenen Talking Points wiederzukäuen.

Sie, ich, wir alle haben jeweils nur ein Leben. Jeder Tag steht Ihnen nur einmal zur Verfügung, und irgendwann ist es vorbei. Ist das, was Sie jetzt tun, wirklich das Beste, was Sie für die Gesellschaft tun können?

Ich bekomme jeden Tag viele Mails von Menschen, feinen, gebildeten, erfolgreichen und solide im Leben stehenden Menschen, Ärzten und Arbeitern, von Müttern, Vätern und von Großeltern, und sie danken mir für meine Texte, denn sie fühlen sich hilflos angesichts Ihrer Propaganda – was für Post bekommen Sie so?

Herr B. hat mich erst angenehm überrascht – und dann geschockt. Es ist das eine, von Natur aus blind zu sein. Es ist das andere, kurz die Augen zu öffnen, fürs Sehen beschimpft zu werden, und sich dann freiwillig wieder die Augen auszustechen. Sich selbst das Augenlicht zu nehmen, intellektuell gesprochen – kann man sich das selbst verzeihen?

Ja, lieber B., liebe andere, heimlich mitlesende Mainstreamer, mein Leben als Schreiber ist wahrscheinlich anstrengender als Ihres. Ich habe keine GEZ-Milliarden hinter mir, kein Verlagshaus und keine Redaktion, auf die ich mich herausreden kann. Ich muss Fakten doppelt prüfen, denn ich kann nicht einfach meine Kritiker als »Populisten« beschimpfen. Ich habe keine Chefs, die mir die Entscheidung abnehmen, was gut ist und was böse. Ich muss das selbst ausdiskutieren. (Wenn Sie wüssten, wie viele Nächte ich damit verbringe, die ethischen Implikationen von Ereignissen abzuwägen!)

Ja, mein Schreiben ist riskanter und gefährlicher als Ihres.

Und doch schlafe ich besser als Sie.

Ich werde nie in die Verlegenheit kommen, mich entschuldigen zu müssen, weil ich meinem Gewissen gefolgt bin. Ich werde mich nie in den Staub werfen müssen, weil ich etwas zu Ende gedacht habe. Ich werde nie etwas zurücknehmen müssen, nur weil ich eine Wahrheit aussprach.

Glauben Sie mir, es ist mehr wert, als Sie jetzt ahnen, morgens in den Spiegel schauen zu können und ein wenig zufrieden zu sein.

Sie sind Schreiber und Journalisten, Formulierer und Wortarbeiter. Jeder Schreibtag kommt nur einmal, Ihrer wie meiner.

Ist das, was Sie jetzt tun, wirklich das, was Sie tun wollen? Der Graben, der sich immer tiefer in unsere Gesellschaft frisst – wie können wir ihn gemeinsam am besten schließen? Mit Hass gegen Hass gegen Hass sicher nicht, da hatte Herr Bröckerhoff definitiv Recht, egal wie sehr er dafür wohl beschimpft wurde! Lassen Sie uns Andockpunkte und Gemeinsamkeiten suchen. Wenn wir zu gemeinsamer Erkenntnis kommen, dann lassen Sie uns um des Himmels lieben Willen nicht nervös zurückrudern.

Nur Mut! Springen Sie! Das Wasser ist kalt, kein Zweifel, es ist stürmisch und es schwimmen Quallen darin, doch wenn Sie es nicht versuchen, werden Sie es ein Leben lang bereuen!

Weiterschreiben, Wegner!

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