Dushan-Wegner

03.11.2017

Wenn sie wenigstens glücklich wären!

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten, Bild: »Malen am Rande des Waldes« von Claude Monet
Sie predigen die Aufhebung aller Grenzen. Sie wirken aber nicht glücklich dabei. Glück braucht Ordnung!
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Ich würde mich über die Profi-Weltverbesserer ja weit weniger ärgern, wenn ich den Eindruck hätte, dass sie zumindest in ihren Überzeugungen glücklich sind!

Eine Claudia Roth, eine Margot Käßmann, eine Renate Künast – erscheinen diese Proto-Linken Ihnen glücklich?

Wir dürfen aufgedreht und laut nicht mit glücklich verwechseln. Zwischen Empörung und Geschwafel zu pendeln entspricht nicht meiner Vorstellung von Glücklichsein. Solche Gutmenschen sind wie Einradfahrer auf dem Hochseil. Sie müssen permanent treten und balancieren, um nicht in den Abgrund stürzen, wo all ihre Lebenslügen widerlegt werden.

Krieg mit sich selbst

Diese Menschen predigen Unordnung. (Und weil sie dann doch das Bedürfnis nach Grenzen spüren, erfinden sie wieder völlig arbiträre neue Grenzen, wie »Donnerstags kein Fleisch«.) Sie predigen die Grenzüberschreitung. Ja, »Grenze« ist ihnen ein schmutziges Wort. Meine These ist aber, dass Unordnung und Grenzüberschreitung als »Krieg gegen sich selbst« verstanden werden können.

Ein Unternehmen oder ein Mensch, dessen Angelegenheiten in Unordnung sind, wird früher oder später von eigener Hand untergehen.

Der Westen ist im Krieg gegen sich selbst

Die »rationalen Wahnsinnigen«, die uns in diesen Tagen mit Messern und Lastkraftwagen überfallen, sie dringen nicht in vollkommen friedliche Länder ein. Sie dringen in Länder ein, die bereits Krieg führen – Krieg gegen sich selbst.

Wenn wir das Wort »Krieg« hören, denken wir zuerst an das große Leid, das der Krieg jenen beschert, die er »befreien« oder »erobern« soll. Zu Beginn eines Krieges steht aber zuverlässig eine Grenzüberschreitung. Eine Armee marschiert von einem Land aus in ein anderes. Das Bild »Krieg« beinhaltet bis heute, Grenzen zu verletzen und bestehende Ordnung zerstören zu wollen.

Die Grenzüberschreitung und Eroberung als Beginn des Krieges ist so schmerzhaft und typisch, dass es Gegenstand vieler Witze ist, wie etwa diesem (Bayreuther mögen mir verzeihen):

»Ich kann einfach nicht mehr Wagner hören – ich bekomme den Drang, Polen zu erobern!
– Woody Allen

Die »äußeren« Grenzen eines Landes sind ja nicht die einzigen Grenzen, die das Leben der Völker formen.

Die inneren Grenzen

Unser Alltag, und unser Glück, werden von vielen »inneren« Grenzen eingefasst.

Damit ich meinen Freund bei mir daheim willkommen heißen kann, muss es eine Grenze geben zwischen meinem Heim und dem Rest der Welt.

Damit ich gut sein kann, muss es eine Abgrenzung geben, zu allem, was nicht gut, also böse ist – eine Abgrenzung, die nachvollziehbar ist und »gut« nicht nur damit definiert, was Regierung und Journalisten als Tageslinie vorgeben.

Damit ich sagen kann, wer ich bin, muss es eine Abgrenzung dazu geben, was und wie ich nicht bin.

Das vielgescholtene Wir: Dürfen wir »Wir sind Papst« sagen? Sicherlich. Dürfen wir, als Beispiel, »Wir sind nicht Pharao« sagen?

Was die Linke »progressiv« nennt, ist oft ein Krieg gegen aus gutem Grund etablierte Grenzen.

Die frühen Grünen wollten die Grenzen der Sexualität öffnen und phantasierten vom legalen Missbrauch von Minderjährigen. Sie marschierten durch die Institutionen. Besonders erfolgreich marschierten sie in die Medien, wo »Haltung« viel zählt. Dort führen sie dem Volk allabendlich vor, dass die »typische« Familie alles außer »traditionell« ist:

»Die klassische Kleinfamilie mit zwei leiblichen Kindern, wie sie in der bundesdeutschen Realität vorherrschend ist, erscheint in der TV-Fiktion praktisch gar nicht. Das Familienbild im Fernsehen wird stattdessen geprägt von weitverzweigten Großfamilien in den Serien, von alleinerziehenden und multi-tasking-begabten Power-Frauen im Fernsehfilm und von melancholischen einsamen Wölfen und Wölfinnen im Krimi«.
Grimme-Institut, 2005

Sie nennen es »Patchwork«. Sie heben die Grenzen dessen auf, was »Familie« bedeuten soll. Sie haben auch die Grenzen dessen aufgehoben, was Ehe bedeutet.

Merkel und Juncker wollen, wie es scheint, die Länder Europas ihrer letzten Grenzen entledigen. Sie werden von »Non Governmental Organisations« mit tiefen Taschen dabei unterstützt. Merkel griff voraus und entledigte in 2015 Deutschland seiner Grenzen. Die Grünen sagen »Keine Obergrenze« und meinen »Keine Grenzen«. Was soll an dieser Aufhebung von Grenzen gut sein?

Nun könnte man mir vorwerfen, ich hätte ja nur »Angst vor Veränderung«. Wer die forcierte Aufhebung von Grenzen kritisiere, sei nur »Modernisierungsverlierer«. Sie haben viele Schimpfworte für jene, die ihre Doktrin anzuzweifeln wagen.

Nein, das Problem ist ein anderes: Unordnung macht nicht glücklich.

Philosophen und Psychologen haben verschiedene Ansätze und Theorien darüber, wie Menschen Glück erzielen. Aristoteles führte Glückseligkeit und tugendhaftes Leben zusammen. Glücklich sei, wer seiner Bestimmung in der Gemeinschaft nachkomme. In De beata vita (wörtlich: »Vom glücklichen Leben«) schrieb Kirchenlehrer Augustin, dass Glückseligkeit im Erfüllen des Göttlichen Willens zu erreichen sei. Und andersherum: Für John Stuart Mill war es das Ziel der Moral, das maximale Glück zu erzielen, für die größtmögliche Anzahl an Menschen.

(Wenn ich meinen eigenen Ansatz einschieben darf: Glück erreicht jener Mensch, dem es gelingt, die ihm relevanten Strukturen konzentrisch anzuordnen, so dass sie einander stärken.)

Glück braucht Ordnung

Welchen Ansatz zum Glück man auch nimmt, jeder fordert Ordnung, sei es Ordnung im Staat, Ordnung im Glaubensleben oder Ordnung im Denken. Ordnung im Handeln fordern sie sowieso. Selbst der Hedonismus hat Vorgaben und zieht scharfe Grenzen, vor allem die Grenze, dass Schmerz zu vermeiden sei.

Linke führen Krieg gegen Grenzen und Ordnung, sind selbst aber nicht glücklich. Sie spüren, dass sie nicht glücklich sind. Doch statt an sich zu arbeiten und ihre Prämissen zu prüfen, gehen sie wie Sektenjünger vor, die sich hineingesteigert haben in den Wahn, wenn sie nur genug andere bekehrten (oder zum Glauben zwingen), würden sie glücklich werden.

Geradezu gefährlich wird ihr Wahn, wenn diese Sektierer an die Macht gelangen. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, den Einzelnen glücklich zu machen. Im Gegenteil: Es war eigentlich einst ein Hauptziel des aufgeklärten demokratischen Staates, uns vor jenen zu schützen, die uns ins Glück pfuschen wollen.

Wenn jene Besserwisser wenigstens glücklich wären, könnte man sicher mit ihnen reden. Ich will ja dazulernen! So aber gilt: Wer im Westen glücklich sein will, muss sein Leben vor der Unordnung der Linken schützen.

Weiterschreiben, Wegner!

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