Dushan-Wegner

26.10.2017

Das sollen die Guten sein?! – Teil 3: Die Ausrutscher

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten, Bild von Michal Průcha
Nein, wir denken nicht, dass es Antisemitismus in der SPD gibt. Nur aus irgendeinem Grund stolpert sie immer wieder in bedenkliche Dämlichkeit hinein.
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In 1893, auf dem Kölner Parteitag hielt August Bebel sein Grundsatzreferat »Antisemitismus und Sozialdemokratie«. Die Delegierten bestätigten den Beschluss gegen den Antisemitismus.

Heute, 2017, muss sich die SPD leider wieder fragen lassen, wie sie es mit dem Antisemitismus in all seinen hässlichen Spielarten hält. Gleich, bevor wir uns missverstehen: Ich halte keinen Sozialdemokraten für antisemitisch. Ich würde jedoch die These zu bedenken geben, dass einzelne SPD-Funktionäre aufgrund mangelnder Reflexion von Zeit zu Zeit in Verhaltensmuster geraten, die auf den ersten Blick von Antisemitismus nicht zu unterscheiden sind. – Es gilt aber: Ob man in die Pfütze hineinspringt, oder einfach nur doof hineinstolpert, nass wird man so oder so.

All die Ausrutscher

Stellen sie sich vor, Ihr Kind kommt nach Hause und ist über und über mit Schmutzflecken bedeckt.

»Hat man dich verprügelt?«, fragen Sie.
»Nein«, lacht das Kind, »wir haben gespielt! Dabei bin ich eben hingefallen. Es war ein Versehen!«
Sie wundern sich. »Wie oft bist du denn aus Versehen hingefallen?«
»Zehn mal vielleicht«, grübelt das Kind, »oder zwanzig Mal. Aber es war ein Versehen.«
Sie haben Zweifel. Einmal fällt man aus Versehen hin. Allzu oft hinfallen, und die Zuschauer fragen sich, was nicht stimmt.

Wir müssen über gewisse »Ausrutscher« der SPD reden.

Was wollten etwa jene lokalen Parteifunktionäre damit sagen, als sie antisemitischen Unsinn wie »Die Rothschild-Matrix« oder »Volksverhetzung, durch die Zionistischen Medien und Presse Mächte in Deutschland« im Internet teilten?

Inspirierender Israelhass?

Man könnte die politische Leiter weiter nach oben gehen und dort nachschauen. Sind die »Ausrutscher« an der Basis nur eben solche, oder stinkt der Fisch auch vom Kopf her?

Schauen wir etwa auf den 23. Juni 2016. Mahmud Abbas, Vorsitzender der Palästinensischen Autonomiebehörde, wärmt die alte antisemitische Mär vom brunnenvergiftenden Juden wieder auf. Zitat:

»Bestimmte Rabbis in Israel haben ihre Regierung sehr klar dazu aufgefordert, dass unser Wasser vergiftet werden sollte, um Palästinenser zu töten.«

Auch sonst verbreitet Mahmud Abbas absurde Thesen über Israel. Der »übliche« Hass auf den jüdischen Staat. Wie bewertet Martin Schulz, damals Präsident des Europäischen Parlaments, die Hass-Rede? Er dankt für die »inspirierende Ansprache«.

Kann man so sehen. – Ich sehe es nicht so.

Kein Feingefühl, gar keines

Ausrutscher. So viele Ausrutscher! – Man könnte über Frank-Walter Steinmeier reden, der (damals Außenminister, glaube ich – es ist nicht einfach, beim SPD-Postenkarusell zu jeder Zeit zu wissen, wer gerade welche Rolle bespielt) einen Kranz für den Antisemiten Arafat niederlegte. Man könnte über den Berliner Bürgermeister reden, der mit Antisemiten zu flirten scheint. Man könnte fragen, warum Sigmar Gabriel (zu der Zeit gerade Wirtschafts-, Außen- oder Popminister, keine Ahnung, ist auch egal) ganz bewusst Anti-Israelische Gruppen hofiert und so Israels Benjamin Netanjahu vor den Kopf stößt. Extra ungeschickter Ausrutscher.

Die SPD nutzt gerne Gelegenheiten, ihr Profil als »Israelkritiker« zu schärfen – sogar solche Gelegenheiten, die gar keine Gelegenheiten sind. Gleichzeitig verweigert sie sich dem Gespräch über die politischen Ambitionen von Teilen des Islam. (An Stumpfheit in ihrer diesbezüglichen Realitätsflucht nur noch von den Grünen übertroffen. Ich empfehle hier dringend den Text von Jochen Bittner, selbst wenn ich dem Fazit widerspreche. Nein, der Staat würde sich grandios übernehmen, eine Weltreligion de facto reformieren zu wollen.)

David Berger fragt nach der Motivation der SPD:

Oder geht es womöglich sogar darum, für antisemitische Teile der SPD-Wählerschaft offen mit verbalen Grenzüberschreitungen zu kokettieren? – philosophia-perennis.com

Kein Hatespeech ohne Stegner

So, so viele Ausrutscher. Man wundert sich, mit welcher Leichtigkeit neuerdings in der SPD – aus Versehen – auch wieder alter Nazi-Jargon auftaucht.

Der Hass-Profi Ralf Stegner kommentiert flapsig auf Twitter: »Jedem das Seine…« – Man möchte eine Auffrischung der Geschichtskenntnisse empfehlen. Oder kennt er die Geschichte, und es ist ihm egal? Was wäre schlimmer? (Und kommen Sie mir nicht mit »Suum cuique sagten schon die Lateiner«! Die Swastika ist auch ein altes Glückssymbol aus Asien. Trotzdem aus gutem Grund verboten.)

Ralf Stegner ist übrigens derselbe Hass-Twitterer, der Sheryl Sandberg mit Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe verglich. Und politische Gegner nennt Stegner auch schon mal »Parasiten«.

Verwirrung entwirren

Alles Ausrutscher? Alles Einzelfälle und Missverständnisse?

Liebe SPD, erklären Sie mir doch bitte Ihre vielen Anti-Semitismus-»Versehen«!

Entweder die SPD flirtet tatsächlich mit dem Judenhass. Oder Sie sind ein wenig dämlich, nein, besser, sagen wir: »ungeschickt«.

Erklären Sie es mir, Genossen! Sie haben ja bald viel Zeit, auch sich selbst zu reflektieren und eine Erklärung zurechtzulegen.

Dies ist Teil 3 einer Serie. – Teil 1: »Markenzeichen Hass«. – Teil 2: »Weniger Demokratie wagen«. Der abschließende Teil 4, »Was macht eigentlich eine Partei?«, „zoomt heraus“ auf die grundsätzliche Rolle von Parteien in der Parteiendemokratie.

Weiterschreiben, Wegner!

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