Dushan-Wegner

16.03.2020

Bösmenschland

von Dushan Wegner, Lesezeit 3 Minuten, Foto von Matteo Fusco
Deutschland schließt die Grenzen, wird vom dummen Gutmenschenland zum klugen Bösmenschenland. Wer hätte gedacht, dass alles, was es für Deutschland braucht, um weise zu werden, ein tödliches Virus ist! (‼️???? NEU: Text auch als Essay-Video! ????‼️)
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Neu! – Diesen Text gibt es auch als YouTube-Video: youtu.be/6uJTHGMzp_8

Wir schreiben das Jahr 2020. Dieses Jahr wird als das Corona-Virus-Jahr in die Geschichte eingehen. Vorausgesetzt natürlich, dass nicht etwas noch Größeres über uns hereinbricht.

Lange, schmerzhaft lange hat die deutsche Regierung gezögert und gezaudert. Beim Staatsfunk machte man Scherze. Man höhnte, es würde doch nur die Alten treffen. Sollen die – so scheinen gewisse Staatsfunker zu empfinden – doch sterben!

Endlich, viel zu spät, ringt man sich auch in Deutschland zu etwas durch, was sie nach mancher Meinung schon vor fünf Jahren hätten tun sollen: Man macht die Grenzen dicht, mehr oder weniger, aber immerhin. (siehe focus.de, 16.3.2020)

Aus Italien erreichen uns Berichte über Sterbende, die darum flehen, nur einmal noch ihre Verwandten zu sprechen, bevor der Tod die Sterbenden vom Virus erlöst (focus.de, 16.3.2020).

In Bayern nun wird der Katastrophenfall erklärt (bild.de, 16.3.2020). Lokale dürfen, so heißt es, nur bis 15:00 Uhr geöffnet sein. Ich verstehe das nicht genau. Ist das Virus ein Langschläfer, der vor dem frühen Nachmittag nicht wach wird? Aber gut, ich bin kein Experte, das habe ich mit dem Gesundheitsminister gemeinsam. Und Geschäfte dürfen dort nun auch am Sonntag öffnen – endlich!

In vielen Ländern rund um den Globus, und endlich allmählich auch in Deutschland, bleiben Kinder daheim statt in den Ansteckungsherd Schule zu gehen. Meine Kinder verbringen den Vormittag im Videochat mit ihren Lehrern und Kollegen. Fast die ganze Klasse ist online. Übers Internet wird denen sogar Sportunterricht gegeben und so hüpfen sie im Wohnzimmer. Wer hätte gedacht, dass ein Virus uns endlich in die digitale Zukunft bringt?

Seit Jahren und Jahrzehnten

Auch in dieser Krise gilt die alte Regel: »Gutmenschen sind wie Bösmenschen, nur in dumm!«

Die Maßnahmen der Behörden entsprechen teilweise genau dem, was sogenannte »Populisten«, »Rechte« und böse »Prepper« seit einiger Zeit fordern – und praktizieren.

Nein, leider wird noch nicht alles umgesetzt, was die Bedächtigeren unter uns forderten. Die Bundesregierung verzichtet auf Quarantäne für Reisende (jungefreiheit.de, 16.3.2020). Ausgerechnet aus dem Corona-Risikoland Iran werden viele Reisende erwartet – und sie wundern sich sogar, dass sie in Deutschland nicht in Quarantäne müssen. Ich fürchte, irgendwelche linken Ideologen könnten meinen, der »Toleranz« wegen müsse man halt ein paar Tote riskieren. Ein Zyniker würde ergänzen: Es wäre ja nicht das erste Mal!

Nein, es ist nicht alles vernünftig geworden in Deutschland. Aber einiges.

Am Ende gewinnt immer die Realität. Aktuell ist die Realität ein tödliches Virus – und diese »Realität« dürfen wir nicht gewinnen lassen. Deutschland wird vom grenzoffenen Gutmenschenland schließlich doch zum klugen Bösmenschenland. Nicht so früh, wie es möglich gewesen wäre – aber immerhin.

Virus und Vernunft

Deutschland wird böse, und böse ist heute ein anderes Wort für klug.

Wir haben uns gefragt, was es braucht, dass in Deutschland etwas Vernunft einkehrt. Jetzt stellt sich heraus: Es ist ein Virus.

Die Vernunft wird in Deutschland wie ein gefährliches Virus gefürchtet, länger schon – es ist nur konsequent, dass ein tödliches Virus etwas Vernunft nach Deutschland bringt.

Machen wir uns nichts vor: Wenn das Virus überwunden ist, wird man wieder die Vernunft wie ein Virus bekämpfen.

Doch, so meine Hoffnung: Etwas Antikörper gegen die Dummheit werden hoffentlich bleiben.

Wir danken allen Ärzten und Krankenschwestern, allen Polizisten und Rettungskräften, allen die sich nicht so einfach den ganzen Tag in den eigenen Innenhof zurückziehen können – und ganz besonders den Supermarktangestellten.

Wer hätte gedacht, dass in der Krise die Supermarktangestellten zu neuen Helden des Alltags werden!

Ich wünsche den Kranken schnelle und vollständige Genesung. Ich wünsche den Gesunden weiterhin eine robuste Gesundheit – und robuste Nerven!

Uns allen aber wünsche ich, dass von der Klugheit, welche die Pandemie dem Land aufzwingt, auch nach dem Virus etwas übrig bleibt!


Neu: Diesen Text gibt es auch als Essay-Video, von mir selbst eingesprochen: youtu.be/6uJTHGMzp_8

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