Dushan-Wegner

27.11.2019

Ameisen und Zähneklappern

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild von Maksim Shutov
SPD-Minister will Hartz-IV-Sanktionen bis 30%. SPD-Spezis wird schon mal 100.000 € gegönnt, wofür auch immer. Es sind alles Peanuts gegen die Hunderte von Milliarden der EU für »Klima«. Den einen wird genommen, den anderen gegeben. Biblische Zustände!
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Die Schüler wussten nicht, ob der Meister an die Götter glaubte oder nicht. Mal meinten sie sicher sein zu können, dass er es tat, mal meinten sie mit Gewissheit, dass er es nicht tat.

Einmal, bei einem ihrer Spaziergänge durch den Wald, zwischen den Zypressen, blieb der Meister bei einem Ameisenhaufen stehen, jedoch in genügend Abstand, um keine der Ameisen zu zertreten, soweit es in seiner Macht stand.

Er betrachtete die Ameisen bei ihrer Arbeit, und die Schüler taten es ihm schweigend nach. Dann, nach einer Weile, fragte der Meister in die geschäftige Stille hinein: »Ob die Ameisen wohl wissen, dass wir hier stehen, dass wir sie von oben herab betrachten?«

Ein kluger Schüler fragte zurück: »Ob die Ameisen wohl auf die gleiche Weise von den Dingen der Welt wissen, wie wir von den Dingen der Welt wissen? Eine Ameise sieht die Welt anders als wir, da sie andere Augen hat, und sie hört die Welt anders als wir, da sie andere Ohren hat, warum also sollte sie auf die gleiche Art von den Dingen der Welt wissen wie wir?«

Der Meister lächelte, und fragte selbst wiederum zurück: »Ob die Ameisen einen Platz in ihrem Verstand haben, in welchen der Mensch hineinpasst?«

Darauf hatte keiner der Schüler eine weitere Frage, also stellte der Meister sie selbst: »Sind wir Menschen für die Ameisen das, was die Götter den Menschen sind?«

Die einen Schüler bejahten es, die anderen Schüler verneinten es, der Meister antwortete selbst: »Ich weiß so viel über die Götter wie die Ameisen über die Menschen wissen. Ich ahne eine Furcht im Menschen.

Der Mensch weiß, dass die Ameisen den Menschen über sich haben, ob sie es selbst nun wissen oder nicht. Der Mensch fürchtet den Gedanken, dass nichts über ihm ist. Der Mensch wünscht sich, wie eine Ameise zu sein, fleißig zwischen Zedern krabbelnd, mit einer Gestalt über sich, mal grausam und mal gerecht, und ohne Zweifel viel weiser und klüger als man selbst.«

Ein Schüler fragte den Meister: »Und was glaubt ihr selbst?«

Der Meister lächelte, wenn auch etwas nervös, und er sagte: »Der Gedanke, dass wir Menschen die klügsten und weisesten der Wesen sind, der jagt mir an manchen Tagen durchaus Furcht ein.«

»Und an den anderen Tagen?«, fragte ein frecher Schüler, woraufhin der Meister antwortete, lachend: »An allen anderen Tagen ist es amüsant, ein wahrlicher gelungener Scherz!«

Die Schüler nickten klug daher, jedoch ganz so als ob er seine Schüler immerzu ärgern wollte, stellte der Meister ihnen wieder eine Frage: »Nur, wer ist es, der da scherzt?«

Dem wird gegeben werden

Apropos »Scherze« – hier die aktuellen Nachrichten. Erinnern Sie sich noch an den »Rent-a-Sozi«-Skandal? (siehe etwa tagesspiegel.de, 21.11.2016: »Zwischen 3000 und 7000 kostet ein Treffen mit einem SPD-Minister.«) – Mit den Wahlerfolgen der sogenannten Sozialdemokraten ist es in den letzten Jahren nicht weit her, doch ihre Fähigkeit, für Partei und Persönlein ein Profitchen herauszuschlagen, die ist bekanntlich legendär. Aktuell lesen wir von der Frau eines SPD-Bürgermeisters und zweier studentischer SPD-Mitglieder, die geradezu sensationell schnell in der AWO aufgestiegen sind, von sechsstelligen Gehältern und Dienstwagen ist da die Rede (siehe etwa tichyseinblick.de, 27.11.2019).

»Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen«, so heißt es in Hiob 1:27, und auch die SPD gibt mal und gelegentlich nimmt sie auch. Sie gibt ihren Funktionären, so scheint es fast, wenn man die Meldungen liest, doch wem nimmt sie? Hmm. Gestern lasen wir: »Arbeitsministerium hält offenbar an Hartz-IV-Sanktionen von mehr als 30 Prozent fest« (spiegel.de, 26.11.2019) – Heute dementiert das SPD-geführte Arbeitsministerium via Twitter: »Bundesminister @hubertus_heil schließt aus, dass künftig innerhalb eines Monats mehr als 30 Prozent sanktioniert werden darf.« (@BMAS_Bund, 27.11.2019) – Das Buch Hiob ist Teil des »Alten« Testaments, und diese Bundesregierung scheint ihre Politik tatsächlich am Neuen Testament auszurichten, und zwar konkret an Matthäus 25:29: »Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.« (Man sollte ergänzen: Genommen, bis er nichts mehr hat, wird dem, der das wenige, was er hat, nicht in Sicherheit bringt.)

Apropos »wer aber nicht hat«: Audi streicht 9500 Stellen, so lesen wir aktuell, trocken und lapidar (focus.de, 27.11.2019). Einige werden eine neue Stelle finden, viele nicht. Doch, nicht allen wird nur genommen, einigen wird auch gegeben – sehr viel gegeben. »EU-Kommission: Drei Billionen Euro für das Klima«, so lesen wir, könnte die EU ausgeben, laut internen Papieren (faz.net, 26.11.2019) – die Kommissions-Präsidentin ist Frau Doktor von der Leyen. Ich bin gewiss, dass diese absurden Summen, wie hoch sie am Ende auch tatsächlich sein werden, genauso sinnvoll »dem Klima« zugute kommen wie die Ausgaben von der Leyens als Verteidigungsministerin der Bundeswehr zugute kamen. Es ist keinesfalls davon auszugehen, dass die EU zur leichten Beute von Berater-Firmen wird, bis sie ausgeblutet ist und China die Reste billig aufkaufen kann.

Drei einfache Sätze

Wir mögen in gottlosen Zeiten leben, und laut Nietzsche soll Gott sogar ganz tot sein, doch dass der Hausbesitzer ausgezogen ist, aus diesem oder jenen Grund, bedeutet noch lange nicht, dass das Haus für immer leer bleiben wird.

In Europa – und den »linken« Teilen der USA – wird eine neue Religion gepredigt, und ihr Name ist Globalismus und Brüssel ist ihr Vatikan, und die politische Korrektheit ist ihre neue Moral, und ihre goldene Regel hat drei einfache Sätze, »Nimm hin, was dir angetan wird, sprich nicht aus, was die Mächtigen stört, hasse jeden, der von unserer Lehre abweicht.«

Heulen und Zähneklappern

Es ist eine bewährte Regel, seit jeher, dass die Priesterklasse für sich eine andere Moral gelten lässt, dass sie zuerst vom Altar isst, dass sie sich zuerst bedient, dass ihre Kathedralen selten am Mangel leiden – ob SPD oder GEZ, ob EU-Kommission oder EU-Parlament – wir sind die Ameisen, und einige von uns sehnen sich nach den höheren, erhabenen Gestalten, die über uns herrschen, die jenseits unserer Moral handeln dürfen (manchmal stimme ich zu, wahrlich nicht immer), während sie uns die unsere vorgeben. Wer Ameise sein will, wer Befehle bekommen will (oder in den Rang der Priester aufzusteigen hofft, so sicher lässt sich das heute nicht unterscheiden), der trägt die Symbole der neuen Religionen am Revers – etwa die blaue Flagge der EU – und er trieft vor Hass auf Abweichler, die für ihn kaum noch Menschen sind, und sicher keine, die er ernst nimmt. 

Ich bin keine Ameise und ich sehne mich keineswegs danach, eine zu sein. Ich bin ein Demokrat. Ich halte die Mächtigen für meine Angestellten, und nicht einmal für reguläre Angestellte, Zeitarbeiter quasi.

Wir zitierten weiter oben den ersten Teil von Matthäus 25:29, doch würden wir angesichts dieser Gestalten nicht gern dazu den Folgevers zitieren? Vers 30 ist, was mancher Demokrat heute gen Berlin und gen Brüssel rufen will: »Und den unnützen Knecht werft hinaus in die äußerste Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.«

Die Ameisen auch

Manche der Atheisten unter meinen Lesern ärgert es, wenn ich die Bibel zitiere. Manche der Gläubigen unter meinen Lesern könnte es ärgern, dass ich mich ganz selbstverständlich einen Atheisten nenne. Erlauben Sie mir, eine Antwort auf beide Kritiken zu formulieren: Ich sehne mich nicht danach, eine Ameise zu sein – und doch will ich verstehen, welchem Tier ich auch gleiche, wie der Wald um mich herum beschaffen ist, wie hoch die Zedern stehen und wie tief ihre Wurzeln reichen.

Nicht nur sehne ich mich nicht nach irgendwelchen Möchtegern-Priestern in Brüssel, nicht nur stinkt mir die Heuchelei der Moralisten und Selbstbediener wie ein zertretener Hundehaufen, ich bräuchte nicht einmal dann irgendwelche Politprediger über mir, wenn diese moralisch unbescholten und von edlem Charakter wären. Freiheit beginnt immer damit, selbst zu denken, alles zu prüfen, und wenig zu glauben.

Versteht alles, was ihr verstehen könnt, aber macht euch nicht klein! Seid Teil der Welt, aber nicht nur Rädchen im Getriebe, und wenn ihr schon Rädchen seid, dann wisst wenigstens, warum ihr Rädchen seid (etwa: um die Familie zu ernähren), und prüft doch, ob sich vielleicht eine bessere Stelle findet, um ein Rädchen zu sein. Klein zu sein und Sinn zu finden ist fürwahr nicht einfach, aber auch nicht unmöglich!

Und, wo wir gerade bei den guten Ratschlägen sind: Unternehmt mal wieder einen echten Spaziergang durch den Wald. Oder an einem See entlang. Atmet durch. Schaut euch die echten Ameisen an. Und achtet darauf, keine von ihnen zu zertreten. Achtet aufeinander – und auf die Ameisen auch.

Weiterschreiben, Wegner!

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